Erinnerungen gehen auf Reisen
Das Bild des Herrschers ist omnipräsent. Tatsachen, die man heute nur noch aus fernen Diktaturen kennt, sind in einer Zeit der langsameren Kommunikation und der eingeschränkten Möglichkeit zur Reise eine zwingende Selbstverständlichkeit. Von der Münze in der Tasche des einfachen Bürgers bis zum großen Staatsporträt im Schloss. Auch wenn man seinen Herrscher nie persönlich getroffen hat, weiß man um sein Äußeres. Als kleines und kostbares Geschenk oder persönliches Andenken dienten solche wertvollen Miniaturen. In diesem Fall, mit feinem Pinselstrich auf Elfenbein gemalt, war es vielleicht ein Geschenk an Verwandte oder Freunde. Wie geht es mit Erinnerungen weiter, wenn das Rad der Geschichte sich weiterdreht? Aus Schlössern werden Museen, Familienerbstücke werden in Krisenzeiten verkauft. Nicht immer geschieht die Trennung freiwillig. Niemand weiß heute mehr, für wen diese Porträts einst geschaffen wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg tauchten sie in der DDR im Museum auf, wurden vielleicht gegen Devisen in den Westen verkauft und landeten – um ihre Geschichte gebracht – im Kunsthandel.
2022-10-24