Arbeitsweise
Die jährlichen Treffen des zentralen Mühlenaktivs waren quasi die offizielle Rückmeldung der Mitglieder an die Geschäftsstelle vom ZFA technische Denkmale. Wagenbreth und Rüegg, die aufgrund Ihrer Position und der Nähe zu Eberhard Wächtler versuchen konnten, auf die Politebene Einfluss zu nehmen, berichteten ggf. ihrerseits. Ansonsten handelten die Aktiven eigenverantwortlich. Weitere Besprechungen und Planungen liefen auf dem Postweg. Telefonate gingen meist nur über Arbeitsstellen, ein privates Telefon hatte nicht jeder. Entsprechend gibt es im Maywaldarchiv einiges an Korrespondenz (Beispiele hierfür finden sich unten), die einen Querschnitt des Aufgabenfeldes umreißen.
Wer im Rahmen des KB für die Denkmalpflege ehrenamtlich arbeitete, musste das nicht selbstlos tun. Fahrtkosten konnten abgerechnet werden. Jochen Köhler berichtet: Für die Mühlenerfassung der Bezirke Erfurt, Gera und Suhl "erhielt ich für 3 Wochen eine Freistellung von meiner beruflichen Tätigkeit. Das wurde ermöglicht durch Anträge auf Freistellung durch das Institut für Denkmalpflege Berlin und des Zentralvorstands des Kulturbundes Berlin an meinen Betrieb."
Eine Erwähnung wert ist an dieser Stelle sicher noch Punkt 2 des Berichts 2, der eine im Bericht 1 ("Entwurf einer Konzeption") noch klar umrissene Zielvorgabe, die sicher im Sinne des IfD formuliert war, kurzerhand aushebelt: "Zur Frage weiterer MAs in den Bezirken wurden keine Beschlüsse gefaßt. Es erweist sich gelegentlich, daß zuviel strukturelle Organisation die Mühlenerhaltung nicht beschleunigt. Das Prinzip der Zusammenarbeit des zentralen MA mit gut informierten und aktiven Mühlenfreunden in der Nähe von Problemobjekten hat sich bisher gut bewährt. Genaue Ortskenntnis und Kenntnis der Umstände sind oft auch wichtiger als theoretische Erörterungen."
Unter der Leitung von Erhard Jahn, ab Ende 1986, wurde wieder mehr Wert auf die Bezirksstrukturen gelegt, allerdings hatte sich da das zentrale Mühlenaktiv auch schon deutlich erweitert.
Die fünf Mitglieder des MA waren zwar in erster Linie dazu da, vor Ort Entscheidungshilfe und Beratung zu geben, sie agierten aber ihren vielfältigen Professionen entsprechend breit aufgestellt. Jochen Köhler und Helmut Schenke waren gut vernetzte Praktiker, die auch persönlich mit anfassen konnten, wenn es galt, eine Mühle zu retten. Bernd Maywald bereiste die DDR, führte Gespräche mit Entscheidungsträgern, fahndete nach vermisster Mühlentechnik und verfasste Gutachten. Hermann Wirth lieferte den theoretischen Hintergrund, fertigte Aufmaße an und zog Studenten und Diplomanden zu Projekten hinzu.
Lothar Schüler, zu dem noch keine näheren biografischen Angaben vorliegen, brachte eine weitere Facette in das Aktiv. Laut JK war der Fachmann für moderne und historische Mahltechnologie in Berlin an einflussreicher Stelle eingesetzt. Er bekleidete eine führende Position im "Zentralen Projektierungsbüro der Lebensmittelindustrie-ZPL", so zumindest die sinngemäße Bezeichnung. Hier wurde entschieden, welcher Mühlenbetrieb für die Volkswirtschaft wichtig war und welcher Betrieb "in den nächsten Jahren zum Erliegen kommen würde". Hier wurden auch die Mahlkontingente zugeteilt. Für Maywalds Mühlenbestandserfassung gab es von dort ebenfalls Legitimation, denn man wollte für eine Gesamtbewertung den Bestand an kleineren Betrieben wissen. Lothar Schüler selbst hat laut JK "den Bezug zu historischen Mühlen nie verloren" und er sagt weiter, er sei „eine Persönlichkeit [gewesen,] die versucht hat von hintenrum Hilfestellung zu leisten." Der Betrieb der technisch überalterten Wassermühle Kleinhettstedt an der Ilm (Thüringen) wurde dank seines Einsatzes aufrechterhalten.
2022-09-07