Das Mühlenaktiv: Denkmalpflege von unten

Papiertiger auf der Pirsch

In der Praxis wurden ausgewählte Prestigeprojekte großzügig gefördert, darunter gab es auch eine überschaubare Anzahl technischer Denkmale. Das direkt dem Kulturministerium untergeordnete Institut für Denkmalpflege, mit seinem Generalkonservator und den fünf Chefkonservatoren, genügte sich in allgemeiner Koordination von ehrenamtlichen Unterstützern, kaum vorhandenen Geldern und der Veröffentlichung mannigfacher wissenschaftlicher Publikationen.

Dr.-Ing. Sabine Bock, mit Mitte zwanzig Oberkonservatorin für Denkmale der Produktions- und Verkehrsgeschichte der Bezirke Schwerin, Rostock und Stralsund (= Arbeitsstelle Schwerin des IfD), benennt das Hauptproblem bei der Umsetzung des innovativen Denkmalschutzgesetzes in der DDR: „Der Vollzug des Gesetzes war nicht geregelt. (…) Es gab keine Klammer zur praktischen Umsetzung.“ So gab es keine obligatorische Verbindung zum Bauamt, um Bebauungspläne abzustimmen. Sollte ein Gebäude abgerissen werden, erfuhr die Oberkonservatorin vielleicht im Nachhinein davon, um dann das Objekt, welches womöglich auf einer Denkmalliste schützenswerter Gebäude stand, von dieser zu streichen. In ihrer über sechsjährigen Tätigkeit, bereiste sie auf eigene Faust ihren, das heutige Mecklenburg-Vorpommern umfassenden Zuständigkeitsbereich mit Bus und Bahn, um sich einen Eindruck von Existenz und Zustand alter technischer Anlagen zu machen. Dabei gelang es ihr gerade drei Mal, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, um beispielsweise eine Holländerwindmühle vor dem Abriss zu bewahren. Bei der Mittelvergabe sah es ähnlich aus: “In den sechseinhalb Jahren habe ich einen Zuschuss vergeben können, im Bereich der ganzen technischen Denkmale. Das waren ein mal fünfhundert Ostmark und die hat die Wassermühle Rheinshagen bekommen.“

Die Vernetzung mit Praktikern, ehrenamtlich Tätigen und Mühlenkundigen war unabdingbar, um auf die Theorie des fortschrittlichen Denkmalschutzgesetzes Taten folgen zu lassen.

 

 Alle Zitate in diesem Kapitel stammen aus dem unveröffentlichten Online-Interview vom 09.01.2022 mit Frau Dr. Sabine Bock.

2022-09-07

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