Ansichtssache!

Christian Sgrooten – Westfalen

Kartograph/Verleger Christian Sgrooten
(1525–1603) /
Johann Buxemacher (?–1613)
Kartentitel WESTPHALIAE TOTIUS DESCRIPTIO
Übersetzung Kartentitel Eine Beschreibung von ganz Westfalen
Erscheinungsort Köln
Datierung circa 1600
Objektmaße 28,1 x 37,2 cm (Blatt); 18,3 x 25,3 cm (Platte)
Inventar-Nr. Gr 10
Gebiet Nördlicher Teil der Region Westfalen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diese geostete, altkolorierte Kupferstichkarte stellt die Region Westfalen um ca. 1600 ins Zentrum, wobei die unmittelbar umliegenden Gebiete ebenso kartographisch erfasst sind. Städte, Ortschaften und Flussverläufe sind deutschsprachig beschriftet, die genaue Lage der Orte ist auf der Karte durch die Platzierung von angedeuteten Kirchen markiert. Auch sind einige Waldgebiete mit grün kolorierten Bäumen dargestellt, insgesamt kann die Gestaltungsart der Karte als relativ schmucklos bewertet werden. Ins Auge sticht allerdings noch eine recht aufwendig, wie auch auffällig gestaltete, von unten links nach oben links zu lesende, graphische Maßstabsleiste am linken Rand der Karte, die in lateinischer Sprache drei verschiedene Maßeinheiten anbietet: Die „Wegstunde“ (kleinste Maßeinheit, beziffert die Strecke, die sich zu Fuß in einer Stunde zurücklegen lässt), die „gewöhnliche Meile“ sowie die „westfälische Meile“.

Die Umgrenzung der Region ist mittels rötlicher Einfärbung hervorgehoben und mit einer klar zu erkennenden roten Linie von angrenzenden Gebieten deutlich abgegrenzt. Dies entspricht dem in einem ungefärbten, rechteckigen Kasten in der oberen rechten Ecke der Karte in Latein ausformulierten Anspruch der Karte, eine „Beschreibung von ganz Westfalen“ vorzunehmen. Die Karte darf nicht als eine politische Karte gelesen werden. Denn das hier eingezeichnete Gebiet verteilte sich in der Frühen Neuzeit auf verschiedene Herrschaften, der größte Teil gehörte zum Fürstbistum Münster.

Direkt unter dem Titel ist als Schöpfer der Karte der Name „Sebastian Schrotus“ aus Sonsbeck zu lesen – hierbei handelt es sich jedoch offenkundig um einen Fehler, vermutlich des Verlegers Johann Buxemacher aus Köln, denn allen einschlägigen biographischen Werken nach zu urteilen hat ein Kartograph namens Schrotus nie existiert. Stattdessen handelt es sich bei dieser Karte von Westfalen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um ein Werk des lange unterschätzten, jedoch bedeutenden Kartographen und Kupferstechers Christian Sgrooten, der auch aus dem auf dieser Karte im Kontext der Schöpfung genannten Sonsbeck am Niederrhein stammt.

Die Werke Sgrootens werden gemeinhin hinsichtlich ihrer darstellerischen Übersichtlichkeit und der angewendeten Kunstfertigkeit zu den eindrucksvollsten Werken der Renaissance gezählt. Die vorliegende Karte ist in mehreren Atlanten und Büchern veröffentlicht worden – diese Publikationsweise lässt sich auch am vorliegenden Exemplar erkennen: Die deutlich erkennbare Buchfalte in der Mitte sowie der auf der Kartenrückseite befindliche und zu der Karte dazugehörende, die Region Westfalen erläuternde Artikel weisen auf diese Herkunft hin. Durch den Wortlaut der Beschreibung auf der Rückseite lässt sich sogar genau sagen, dass die Karte aus einem unter dem Titel „Geographisch Handtbuch“ (Titel gekürzt) im Jahre 1600 in Köln veröffentlichten Atlanten stammt, in diesem ist sie als 34. Karte enthalten. Dieser Atlas gilt auch als erster deutschsprachiger Weltatlas.

2022-10-26