Diese Karte aus dem 16. Jahrhundert zeigt das Heilige Römische Reich und die angrenzenden Länder. Auf der Karte sind Städte, Flüsse und Seen verzeichnet. Auch Wälder und Gebirge werden durch entsprechende Symbole angedeutet. Den Städtenamen ist jeweils ein Piktogramm beigefügt, welches kleine Türme zeigt. Dieses ist bei Städten von größerer Bedeutung rot unterstrichen. Auffällig ist, dass keine Grenzverläufe eingezeichnet sind. In der Nordsee zwischen Flandern und England ist ein Schiff mit geblähten Segeln zu sehen. In der Ostsee, vor der Küste Pommerns, befindet sich ein Seeungeheuer, das aus den Wellen auftaucht. In der oberen linken Ecke ist ein Beschlagwerk zu finden, das den Titel der Karte „GERMANIA“ beinhaltet. In der unteren linken Ecke der Karte prangt eine weitere Beschlagwerk-Kartusche, in der ein Reichswappen mit Doppeladler abgebildet ist. Darunter befindet sich ein Privileg-Vermerk.

Die Karte ist auf den Atlas Theatrum Orbis Terrarum des Antwerpener Kartographen Abraham Ortelius (1527–1598) zurückzuführen. Der Atlas wurde erstmals 1570 veröffentlicht und danach mehrmals erweitert. Insgesamt erschienen 42 Ausgaben in sieben Sprachen. Ortelius übernahm die Karten zumeist von anderen Autoren. In einem dem Atlas beigefügten Quellenverzeichnis verwies er auf die eigentlichen Urheber, was zu dieser Zeit eine Neuerung darstellte.

Als Vorlage für die hier gezeigte Karte diente Ortelius eine Wandkarte des Kartographen Christian Sgrooten (ca. 1520–1608), der vor allem im niederrheinischen Kalkar aktiv war. Sgrooten arbeitete zwischen 1557 und 1578 als Geograph für König Philipp II. von Spanien. In dieser Zeit entstand auch die Vorlage der GERMANIA-Karte. Allerdings kopierte Ortelius Sgrootens Karte nicht vollständig, sondern zog Aspekte aus Kartenwerken von Tilemann Stella, Mark Jorden, Jean Jolivet und Gerard Mercator heran.

Das hier gezeigte Exemplar der Karte stammt aus einer französischsprachigen Ausgabe, die 1587 von Christoph Plantin, einem Freund und Geschäftspartner von Ortelius, gedruckt wurde. Auf der Rückseite befindet sich ein französischsprachiger Text mit dem Titel „Alemaigne“. Der Text liefert eine topografische Beschreibung Deutschlands. Zudem werden verallgemeinerte Beschreibungen über die ansässigen Menschen und deren Kultur abgegeben, was in dieser Art an einen Reiseführer erinnert.

Literatur:
BROECK, Marcel van den/KROGT, Peter van der/MEURER, Peter (Hrsg.): Abraham Ortelius and the First Atlas. Essays commemorating the Quadricentennial of his Death 1598-1998, Utrecht 1998.

MEURER, Peter: Fontes Cartographici Orteliani. Das „Theatrum Orbis Terrarum“ von Abraham Ortelius und seine Kartenquellen, Weinheim 1991.