Ansichtssache!

Johann Baptist Homann – Der Niederrhein

Kartograph/Verleger Johann Baptist Homann (1664–1724)
Kartentitel ARCHIEPISCOPATUS et ELECTORATUS COLONIENSIS ut et
DUCATUUM IULIACENSIS ET MONTENSIS nec non
COMITATUS MEURSIAE
Übersetzung Kartentitel  Das Erzbistum und Kurfürstentum Köln und
Jülich und Berg sowie die Grafschaft Moers
Erschienungsort Nürnberg
Datierung 1712
Objektmaße  53,0 x 61,0 cm (Blatt); 49,8 x 59,0 cm (Platte)
Inventar-Nr Gr 7
Gebiet Kurfürstentum Köln, Herzogtum Jülich, Herzogtum Berg, Herzogtum Kleve, Grafschaft Mark und Grafschaft Moers

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Karte zeigt den Rheinverlauf etwa zwischen Andernach und Wesel. In der Kartusche oben rechts wird der Titel angegeben: „ARCHIEPISCOPATUS et ELECTORATUS COLONIENSIS ut et DUCATUUM IULIACENSIS ET MONTENSIS nec non COMITATUS MEURSIAE“. Darunter werden Urheber und Erscheinungsort genannt. Die im Titel genannten Territorien sind auf der Karte farblich hervorgehoben: Das Kurfürstentum Köln mit dem zugehörigen Vest Recklinghausen in Gelb, das Herzogtum Jülich in Rot, das Herzogtum Berg in einem hellen Grün und die Grafschaft Moers in einem dunkleren Grün. Die Kartusche ist mit den Wappen dieser Territorien verziert. Dazu sind geflügelte Putten abgebildet, von denen eine ein Doppelkreuz als Symbol für die erzbischöfliche Stellung Kurkölns in der Hand hält. Weitere auf der Karte abgebildete Gebiete sind unter anderem das Herzogtum Kleve, die Grafschaft Mark, Teile der südlichen Niederlande und der südliche Rand des Fürstbistums Münster. Vom Herzogtum Westfalen, das zu Kurköln gehörte, ist nur ein kleiner Teil zu sehen. Die Karte zeigt den Rhein mit mehreren Nebenflüssen (Lippe, Ruhr, Emscher, Sieg, Erft). Im Westen ist zudem die Maas eingezeichnet. Die Karte weist eine hohe Dichte an eingetragenen Orten auf.

Die Karte wurde von Johann Baptist Homann in Nürnberg gestochen. Der 1664 in Oberkammlach bei Mindelheim geborene Homann lebte ab 1687 in Nürnberg. Dort war er zunächst als Notar tätig, widmete sich aber zunehmend dem Stechen von Karten. Als Homann nach Nürnberg kam gab es dort bereits eine lange kartographische Tradition. Die Reichsstadt war im 16. Jahrhundert europaweit führend in der Herstellung von Karten, Globen und für die Kartographie bedeutsamen wissenschaftlichen Instrumenten. Auch wenn diese herausragende Stellung in der ersten Hälfe des 17. Jahrhunderts verloren ging, gab es weiterhin eine bedeutsame kartographische Tätigkeit in Nürnberg. Eine große Zahl von Nürnberger Verlagen veröffentlichte Karten, die aber nur einen Teil des Verlagsprogramms ausmachten. Nachdem Homann eine Zeit lang für die Verleger und Kunsthändler David Funck und Jacob von Sandrart gearbeitet hatte, gründete er 1702 seinen kartographischen Spezialverlag. Sein erster Atlas mit 40 Karten wurde 1707 veröffentlicht. Dieser wurde 1712 auf hundert Karten erweitert. 1716 erschien sein Hauptwerk mit dem Titel Großer Atlas über die ganze Welt.

Durch verhältnismäßige günstige Preise gelang es Homann eine vorherrschende Stellung auf dem deutschen Kartenmarkt, der bei Gründung des Verlags noch von niederländischen und französischen Verlegern dominiert worden war, einzunehmen. Allerdings sind die meisten seiner Karten Kopien, die er vor allem nach niederländischen und französischen Vorbildern nachgestochen und in einigen Fällen leicht verändert hat. Im Jahr 1715 wurde er Mitglied in der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Im selben Jahr erhielt er den Titel „Kaiserlicher Geograph“. Homann starb 1724 in Nürnberg. Sein Sohn Johann Christian Homann übernahm den Verlag und starb sechs Jahre später. Danach wurde der Verlag unter dem Namen „Homännische Erben“ bis 1852 weitergeführt.

Die Karte des Niederrheins wurde erstmals in Homanns Atlas von 1712 veröffentlicht. Auch in seinem Atlas von 1716 sowie in mehreren späteren Atlanten von Homanns Erben ist die Karte enthalten. Bei dem Exemplar in Rheydt handelt es sich wahrscheinlich um eine frühe Version der Karte, da auf späteren Ausgaben oftmals ein kaiserliches Druckprivileg eingetragen ist. Als Vorlage diente Homann eine Karte von Frederik de Wit, die erstmals 1680 in Amsterdam gedruckt wurde. Unterschiede gibt es bei der Gestaltung der Kartusche sowie bei der Kolorierung. Homann hat einige zusätzliche Orte vermerkt. Zudem hat er den Orten Kreise und Punkte beigefügt, um die Lage genauer anzugeben. Im Wesentlichen handelt es sich aber um die gleiche Karte.

Literatur:
HEINZ, Markus /Diefenbach, Michael /Bach-Damaskinos, Ruth (Hrsg.): „auserlesene und allerneuste Landkarten“ Der Verlag Homann in Nürnberg 1702 – 1848. Eine Ausstellung des Stadtarchivs Nürnberg und der Museen der Stadt Nürnberg mit Unterstützung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Stadtmuseum Fembohaus vom 19. September bis 24. November 2002, Nürnberg 2002.

PRÖLL, Franz Xaver: Homann, Johann Baptist, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 9, Berlin 1972, S. 582–584.

 

2022-10-26