Zentrales Mühlenaktiv ohne Müller:in?
Im Mühlenaktiv oder später im Arbeitskreis Mühlen gab es zwar Mitstreitende, die aus Müllerfamilien stammten, wie Jochen Köhler oder Friedhelm Nicks, aber aktive Handwerksmüller waren hier nicht zu finden. Die wenigen noch existierenden Getreidemüller waren in der Regel hochbetagt und im Ruhestand. Die, die noch arbeiteten, waren aus wirtschaftlichen und auch gesundheitlichen Gründen von Weißmehlproduzenten zum Futterschrothersteller degradiert. Die Frustration über verlorene Familientradition und den, über Jahrzehnte, manchmal über mehrere Generationen unter erheblichem körperlichen, wie finanziellen Aufwand intakt und rentabel gehaltenen Mühlenbetrieb verfallen zu sehen, war groß. Ein Engagement, das, wenn überhaupt, über die eigene Mühle hinausging, war für viele Müller mental wie physisch unmöglich.
Im Maywaldarchiv sind die Müller hingegen präsent. Es gibt eine noch nicht näher definierte Anzahl an Tonaufnahmen von Gesprächen, die Bernd Maywald mit Müllern und Müllerinnen führte. Diese Aufnahmen sind noch nicht erschlossen. Maywald gibt an, seine Ausbildung zum Getreidefacharbeiter vor allem gemacht zu haben, um bei den alten Müllern als ernstzunehmender Gesprächspartner akzeptiert zu werden. Auf Fotografien sind sie zu finden, als Korrespondenzpartner und als Mentoren, so wie Erwin Ogen, Müllermeister aus Parey, den Maywald in einer seiner Fernsehsendungen verewigt hat. Müllermeister Hädicke, der im Eigenbau eine Bockwindmühle in einen "Pseudopaltrock" verwandelte, soll hier Erwähnung finden, Hans Werner Trog, Müllermeisterin Heidemarie Blohm - in den 1980er Jahren die einzige noch produzierende Windmüllerin.
Im Maywaldarchiv ist auch die eine oder andere Biografie angelegt, z. B. im Rahmen des Gutachtens der BWM Fahrland. Einige weitere Namen finden sich im Pumphut*, einer Publikation des zentralen Mühlenaktivs.
Von den Denkmalpflegeprojekten des zentralen Mühlenaktivs haben Müller eher auf ideeller Ebene profitiert. Sie fühlten sich als aussterbender Berufsstand wahrgenommen, was die Hoffnung nährte, nicht in Vergessenheit zu geraten, wie Jochen Köhler aus seiner Zeit der Mühlenerfassung zu berichten weiß. Ein Umstand, der sich nach der politischen Wende durch die erheblich gestiegenen Fördermittel noch einmal verstärkte.
Ganz anders sah es bei den Mühlenbauern aus, diese Berufsgruppe profitierte in materieller Hinsicht deutlich von den zu Technischen Denkmalen erklärten Sachzeugen ...
*(7) Maywald, Bernd: Mühlengespräch mit Mühlengeist Pumphut im Herbst 1986. Hrsg.: Kulturbund der DDR Gesellschaft für Denkmalpflege, Zentralvorstand Zentraler Fachausschuß Technische Denkmale Arbeitskreis Wind- und Wassermühlen, Berlin 1986
2022-09-26