Das Mühlenaktiv: Denkmalpflege von unten

Geldmangel ist die beste Denkmalpflege

Die Besonderheit der DDR-Mühlenlandschaft lag in der Mangelwirtschaft und der teilweise fehlenden Infrastruktur begründet. Mühlen, die in Einzelfällen über Jahrhunderte, etwas häufiger, aber gut 100 Jahre bis in die 1970er oder gar 1980er Jahre arbeiteten, versuchten ihre Produktionsleistung durch technische Modifikationen zu steigern. Bockwindmühlen hat man zu geräumigeren Paltrockmühlen umgebaut; Wind- oder Wasserkraft durch Elektro- oder Dieselmotoren ergänzt oder ersetzt. Mit dem Zweiten Weltkrieg verknappten sich die Ressourcen massiv. Die SBZ (Sowjetische Besatzungszone) hatte die aus dem Zweiten Weltkrieg resultierenden Reparationsforderungen vollständig an die UdSSR zu leisten. Demzufolge demontierte man jegliche Produktionskapazität, welche die Kriegshandlungen einigermaßen überstanden hatte. Zur Sicherstellung der Versorgung wurden deshalb nach 1945 zunächst Klein- und Kleinstbetriebe soweit irgend möglich erneuert, modernisiert und erweitert – wenn auch meist nur, um die Zeit bis zum Wiederaufbau von Großmühlen zu überbrücken.

Einige der noch übrigen Kleinbetriebe waren bis in die 1990er Jahre unentbehrlich in der Mehl- und Futtermittelproduktion. Vereinzelt gab es bis in die 1980er Jahre sogar noch Windmühlenneubauten, insbesondere in dünn besiedeltem Gebiet hielten sich Kleinstbetriebe aufgrund mangelnder Versorgungsdichte und somit auch die handwerklichen Fertigkeiten von Müller:in und Mühlenbauer:in. Ging etwas kaputt, wurde repariert und zwangsläufig so lange wie möglich erhalten.

Das galt auch für manche Wassermühle, die eine Stromversorgung für Kleinsiedlungen oder ganze Ortschaften gewährleisten konnte. Der unten vorgestellte Brief, von W. Enghardt 1984 an B. Maywald geschrieben, berichtet von rund 30 Wassermühlen auf einer Strecke von rund 15 km an der Zwickauer Mulde. Zustand und Vielfalt der Mühlen werden in wenigen Zeilen sichtbar und die Nutzung der Wasserkraft als alternative Energiequelle wird anschaulich dargelegt.

Hier und da überlebten Kleinode des Maschinenbaus. Selbst bei den reinen Motormühlen findet sich eine heute nicht mehr gebräuchliche Maschinerie, die einen Erhaltungswert allein schon aus der Wirkkraft ihrer puristischen Mechanik begründet.

Bernd Maywald berücksichtigte stets die Umbauten und Modernisierungen von Mühlen in seiner Dokumentationsarbeit. Nach Möglichkeit machte er Tonaufnahmen der laufenden Anlage und zeichnete Interviews mit betagten Müllern und Müllerinnen auf. Damit verfolgte Maywald einen damals noch nicht etablierten, modernen und interdisziplinären Ansatz der Mühlenerfassung.

 

2022-09-07

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