AEROARCTIC

Meteorologische Ergebnisse der Forschungsfahrt 1931

Die Fahrt fand im Juli 1931 statt und legte nur etwa die Hälfte der ursprünglich geplanten Strecke zurück. Die meteorologischen Verhältnisse auf dem weiteren Weg nach Alaska und zu anderen Jahreszeiten, z. B. im Winter, sind durch diese Fahrt nicht geklärt worden. Es hätte also unbedingt der Fortsetzung der Forschungsfahrten bedurft, um zu theoretisch begründeten Schlussfolgerungen über die Risiken der geplanten Verkehrslinie kommen zu können. Zu weiteren Forschungsfahrten mit Luftschiffen in der Arktis ist es von deutscher Seite nicht gekommen. Das ist zunächst auf die Weltwirtschaftskrise am Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts zurückzuführen. Eine Fortsetzung dieser internationalen Zusammenarbeit wurde aber im weiteren Verlauf vor allem durch das Errichten der Hitler-Diktatur in Deutschland verhindert.

Mit Ausnahme des Quecksilberbarometers und des Aktinometers haben sich alle mitgeführten meteorologischen Instrumente bewährt. Besonders wertvoll erscheinen die Radiosondenaufstiege. Mit ihnen wurde erstmalig in größerem Umfang ein aerologisches Messverfahren in die Wissenschaft eingeführt, das bis heute in abgewandelter Form ein Standardmessverfahren aller Wetterdienste geblieben ist und an rund 900 Aufstiegsstellen der Welt täglich mindestens zweimal eingesetzt wird. Dieses Verfahren ermöglichte es auf der Arktisfahrt, die in großer Höhe in der freien Atmosphäre gewonnenen Messwerte schon im Augenblick der Messung zu registrieren. Die Messergebnisse der Radiosondenaufstiege ergaben, dass die Temperaturen oberhalb von 1000 m Höhe in etwa die gleichen Werte wie in den außerarktischen Gegenden zur gleichen Zeit haben. Die Temperaturkurven der drei Askaniasonden beweisen, dass auch die Temperaturzunahme in der Stratosphäre über der Arktis deutlichen Schwankungen unterworfen ist. Moltschanow erörtert in seinem Beitrag zu den Ergebnissen, welche Bedeutung die Temperaturwerte der verschiedenen Höhen für den globalen Luftaustausch haben. Dabei kommt er zu der vorläufigen Hypothese, dass die kalten Strömungen sich in Bodennähe von der Arktis aus südwärts bewegen werden und die warmen Strömungen der Atmosphäre in der Höhe dem Nordpol zustreben. Darin war eine gewisse Bestätigung der von Vilhem Bjerknes und H. Solberg bereits im Jahr 1922 aufgestellten Polarfront-Theorie zu sehen. Einschränkend muss jedoch betont werden, dass aus 4 Messungen bei einer einmaligen Forschungsfahrt keine allgemeingültige Theorie über den Luftmassen-Austausch zwischen der Arktis und den angrenzenden Gebieten getroffen werden durften. 

Die mitgeführte Vermessungskamera hat uns jedoch klimatologisch einzigartige Zeugnisse über den damaligen Zustand der Vereisungsgrenzen hinterlassen. Diese dokumentieren für den ganzen erforschten Raum erstmalig die Grenze der Meervereisung und die Positionen und Ausdehnungen der vorhandenen Gletscher, während die älteren Erkenntnisse aus den Versuchen, die Nord-Ost-Passage zu entdecken, nur Zeugnisse von einzelnen geografischen Punkten geliefert hatten. Die Fahrt fand zum Höhepunkt des Nordsommers statt, als also vermutlich der Rückzug der Eisgrenze nach Norden seinen nördlichsten Punkt erreicht hatte. Damit liegen aus einer Zeit, die rund 30 Jahre vor den ersten Satellitenaufnahmen liegt, unbezweifelbare Fotodokumente vor, die im Vergleich mit den heutigen Satellitenaufnahmen belegen können, wie weit die Erwärmung der Erdatmosphäre im arktischen Raum seither vorangeschritten ist.

In diesem Zusammenhang schreibt R. L. Samoilowitsch, der wissenschaftliche Leiter der Arktisfahrt, zu seinen Eisbeobachtungen: "Die oben dargelegten Beobachtungen zusammenfassend, ist noch zu bemerken, dass die Eisverhältnisse an den Küsten Franz-Josef-Landes sowie auch die des Nordlandes und am Karischen Meer für die Schifffahrt sehr günstig waren. Ebenso war auch die Möglichkeit vorhanden, die westliche Küste des Nordlandes verhältnismäßig leicht zu erreichen, und zwar mit Hilfe von Eisbrechern. Das wäre jedoch möglich, nur von S aus wahrscheinlich, d. h. wenn man die Einsamkeits-Insel von S umfährt, da der nördliche Teil des Meeres zwischen Franz-Josef-Land und Nordland mit festem zusammengepresstem Eis versperrt war, welches sich nur an der westlichen Küste lockerte. Vollständig unerreichbar für Seefahrzeuge war die nordöstliche Küste des Nordlandes. Zu dieser Zeit waren auch unerreichbar die Schokalski- und die Boris-Wilkiztki-Straße wegen des noch nicht aufgebrochenen Wintereises." (Zitat aus Erg.-Heft 216 zu Petermanns Geogrtafischen Mitteilungen, Gotha 1933, S. 94).

 

2023-08-14

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