Weltreich & Provinz

Der Dreißigjährige Krieg 1618 bis 1648 und die Fortsetzung des Spanisch-Niederländische Krieg

Im Alten Reich brodelte es schon lange, als der Widerstand böhmischer Ständevertreter gegen die kaiserliche Autorität in Prag einen Krieg entfesselte: Konfessionelles Selbstbewusstsein und sich emanzipierende und sich gerne stärker selbstverwaltende Stände prallten auf ein machtbewusstes Kaisertum und eine rückständige Reichsverfassung. Seit 1609 hatten sich die Fürsten in eigenen, verfeindeten Interessensverbänden  zusammengeschlossen: die Protestantische Union und die Katholische Liga. Auch das habsburgische Kaisertum sah seit dem entlastenden Frieden mit dem Osmanischen Reich die Gelegenheit gekommen, die Herrschafts- und Konfessionskonflikte in den Grenzen des Reichs endgültig zu klären.

In Europa selbst pausierten mit dem Waffenstilstand von 1609 die Kämpfe zwischen Niederländern und Spaniern. Auf den Weltmeeren und in den spanischen wie portugiesischen Kolonien wurde umso stärker um die Vorherrschaft gerungen. Der ursprüngliche Konflikt um die Souveränität der Generalstaaten war um eine weitere Facette reicher: Die Niederländische Republik beendete sukzessive die spanische Dominanz auf See und stieg zur Weltmacht auf. Um die Vorherrschaft im Ostseeraum mit seinem lukrativen Ostseehandel rangen bereits seit Mitte des 16. Jahrhunderts Schweden, Dänemark (in Personalunion mit Norwegen), Polen-Litauen und Russland. Diese Konflikte waren u.a. aufgrund der Reichsstandschaft des dänischen Königs als Herzog von Holsteins nicht ohne Konsequenzfür das Reich.

Zwar schaffte es der Böhmische Aufstand im Oktober 1619 sogar bis vor die Tore Wiens, die ausbleibende protestantische Unterstützung ließ jedoch das vereinte Heer der katholischen Liga die Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 vernichtend gewinnen. Für die Unterstützung des Kaisers verlangte der bayerische Herzog Maximilian die Pfälzer Kurwürde und Teile der Pfalz, was ihm auch gewährt wurde. Darauf reagierten auch die Protestanten: König Christian IV. von Dänemark versuchte zwischen 1625 und 1629, König Gustav Adolf von Schweden seit 1630, das eigentliche katholische Frankreich seit 1635 das katholische Bündnis zu zerschlagen.

Der Niederrhein wurde in den ersten Kriegsjahren, trotz des wiederbegonnenen Spanisch-Niederländischen Krieges, bis auf die Offensiven unter Ambrosio Spinola 1621/22 weitgehend verschont. Diese waren wie auch zuvor meist auf den nördlichen Teil konzentriert, wo wichtige Festungen die Kontrolle über die spanische Straße bedeuteten. Der Versuch der Spanier ab 1626, mit einem Kanal zwischen der Maas bei Venlo und dem Rhein bei Rheinberg eine neue Nachschublinie zu schaffen und gleichzeitig die nördlichen Niederlande vom lukrativen Rheinhandel abzuschneiden, scheiterten aufgrund der hohen finanziellen Belastung des spanischen Staatshaushalts durch ein solches Projekt. Erst die Vorstöße Hessen-Kassels im sogenannten Hessenkrieg im Zuge von Erbstreitigkeiten ins linksrheinische Kurköln verschärften die hiesige Kriegslage.

Ausgehend von der hessischen Besetzung der Stadt Kalkar wurde das linksrheinische Gebiet erheblich involviert und Kontributionen erpresst. Auch die mit Hessen-Kassel verfeindeten kaiserlichen Truppen nahmen keine Rücksicht auf die Rechte des eigentlich neutralen Herzogtums Jülich-Berg. Die in Gladbach stationierten Jülicher Regimenter bedeuteten zwar eine erhebliche Belastung der Bevölkerung, konnten zunächst aber nicht nur die Einnahme durch Truppen Hessen-Kassels, sondern auch durch kaiserliche Truppen verhindern.

Letztere erschienen im Dezember 1640 mit rund 2.000 Mann vor den Toren Gladbachs. Ein Scharmützel nach tagelangem Abwarten auf weitere Befehle löste Plünderungen von Höfen in der näheren Umgebung aus, aber letztlich konnte die Situation von Herzog Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, diplomatisch gelöst werden. Nach der berühmten Schlacht auf der Kempener Heide im Januar 1642 fiel das gesamte nördliche Kurköln an die hessischen und mit ihnen verbündeten französischen Truppen. Unter den geplünderten und besetzten Städte fanden sich auch Neuss, Dormagen oder Kempen. Eine kaiserliche Gegenoffensive unter dem aus Kaarst nahe Mönchengladbach stammenden Reitergeneral Johann »Jan« von Werth (1591–1652) konnte zwar den Gladbacher Raum bis Düren zurückerobern, doch erlitt er bei Erkelenz eine herbe Niederlage.

Jan von Werth gehört wohl zu den schillerndsten Personen dieser Jahrzehnte: In Büttgen, im Gladbacher Umland, in einfache Verhältnissen geboren, trat er wahrscheinlich um 1608/1610 in die Dienste der spanischen Armee ein. Er war nicht nur an der Schlacht am Weißen Berg beteiligt,sondern auch an der Einnahme von Jülich 1622, die ihm auch die Beförderung zum Leutnant der Reiterei einbrachte.  In den folgenden militärischen Auseinandersetzungen avancierte er zum führenden Reitergeneral derbayerischen Armee und aufgrund seiner zahlreichen Siege gegen die französischen Heere zum »Franzosenschreck«. Krieg war ein so fester Bestandsteil seines Lebens, dass er sogar seinem langjährigen Dienstherren Maximilian I. von Bayern entsagte, nachdem dieser 1647 mit Schweden und Frankreich Frieden schloss, und mit einem Großteil seiner Truppen in den Dienst Kaiser Ferdinands III., nachdem dieser 1647 mit Schweden und Frankreich Frieden schloss.

2021-11-10

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