Weltreich & Provinz

Fortsetzung des Spanisch-Nederländischen Krieges auf niederrheinischem Boden

Insbesondere unter dem spanischen Statthalter Alessandro Farnese (1545-1592) wurde durch das gesamte limburgische Maasland und Obergeldern ein Netz aus spanischen Garnisonen gesponnen, die de facto die territoriale Souveränität dieser Gebiete beendete. Das bemerkten auch die Zeitgenossen, wie der Kölner Ratsherr Hermann von Weinsberg (1513–1597) 1588 bei der Rückeroberung von Bonn:

»Etliche sagen, in des koninks namen von Hispanien, etliche in des paust namen, dem vil am erzstift Cöln gelegen ist. Mach doch zu wissen komen, vermeine gar nit, das es im namen unseres churfürsten Ernesti von Beiern beschein sei.«

Die Generalstaaten antworteten mit einer ebenso umfassendenBesatzungsoffensive der niederrheinischen  Gebiete. Ausgehend von der Festung Schenkenschanz zwischen Rhein und Waal gelegen sicherte das niederländische Festungsnetz mit Stützpunkten wie Moers, Emmerich, Wesel, Rheinberg und Orsoy den niederländischen Aufstand gegen eine spanische Einkreisung über den Westen des Alten Reiches ab. Die betroffenen deutschen Fürsten standen den niederländischen, wie auch spanischen Aktionen politisch und auch militärisch machtlos gegenüber. Fortan bestimmten fremde Mächte die Geschicke am Niederrhein.

Die stetig zunehmenden Übergriffe auf das Jülicher Land hatten Wilhelm V. 1589 dazu bewegt Otto von Bylandt (1530–1591) zu beauftragen, Farnese in Brüssel aufzusuchen und um Rückzug aus den deutschen Gebieten zu verhandeln. Das spanische Einlenken führte Otto letztlich über weitere diplomatische Missionen am kaiserlichen Hof nach Den Haag, um dort auch die Generalstaaten in die Friedensgespräche miteinzubeziehen. Der Tod Ottos im Folgejahr, der über exzellente Kontakte zu beiden Seiten verfüge, bedeutete einen erheblichen Schlag für die Verhandlungen.

Fortsetzung des Spanisch-Niederländischen Krieges am Niederrhein
Auch das Gebiet des heutigen Mönchengladbachs wurde heimgesucht, wie ein Überfall auf Wickrath durch geldrische Truppen und die Entführung von Bürgern nach Roermond zur Erpressung von Lösegeld zeigt. Erst 1597 reagierte Kaiser Rudolf II. und untersagte den Geldernern solche Drangsale, woran sie sich jedoch nicht hielten. Ein ähnliches Schicksal erlitten auch 1595 Weseler Bürger, die von den spanischen Besatzungstruppen der Städte Wachtendonk, Geldern und Alpen bei der Spellener Landwehr überfallen wurden.

Im nördlichen Niederrhein konzentrierten sich die direkten Kämpfe hauptsächlich auf befestigte Orte, die strategische Vorteile über das Umland boten. So wurde unter anderem die strategisch bedeutende Festung Rheinberg in den folgenden Jahren mehrfach sowohl von Spaniern, als auch Niederländern erobert. Mit den spanischen Kriegszügen in die niederrheinische Provinz war oft auch eine dezidierte Konfessionspolitik verbunden. So war es die Kriegsexpedition unter Admiral Francisco de Mendoza (1550–1623) 1598/99, die nicht nur in Wesel unter Waffengewalt versuchte, den Katholizismus einzuführen, sondern auch mit besonderer Härte gegen Protestanten vorging.

Kurz darauf ließ Mendoza Schloss Broich, heute Teil von Mülheim an der Ruhr, im Besitz des im Konflikt neutralen, aber als Führungsfigur der Reformierten am Niederrhein agierende Wirich VI. von Daun-Falkenstein (1542–1598) im Oktober 1598 widerrechtlich belagern. Im Anschluss wurden die gesamten rund 200 Bewohner der Festung nach der Kapitulation trotz Zusicherung von freiem Geleit niedergemetzelt. Rund eine Woche später ließ Mendoza Wirich ermorden und die Leiche schänden. Erneut erboste sich die europäische Öffentlichkeit über die spanischen Entgleisungen.

Verwicklungen Rheydts
Das Fanal der Ermordung Wirichs VI. von Daun-Falkenstein veranlasste Otto Heinrich von Bylandt, seit dem Tode seines Vaters Otto Herr von Rheydt, zu fliehen, da er vermutete, aufgrund seiner gemeinsam mit Wirich von Daun in der jülisch-klevisch-bergischen Ständevertretung eingenommenen evangelisch-calvinistischen Opposition, und damit sich klar gegen die spanische Politik positionerend, als nächstes in den Fokus Mendozas und der Spanier zu geraten. Otto Heinrich stellte sich in der Folgezeit in den Dienst Brandenburg-Preußens, dessen Kurfürst Johann Sigismund (1572–1620) einen klaren Anspruch auf das Herzogtum Jülich-Kleve verfolgte. Der Herr von Rheydt fungierte hierbei nicht nur als Verhandlungsführer zwischen dem lutherischen Brandenburg-Preußen und dem lutherischen Pfalz-Neuburg, sondern vermittelte auch die Unterstützung beider Fürsten für die Sache der Generalstaaten.

Auch militärisch tat er sich hervor: Nicht nur war er Obrist im Rheinfeldzug von 1599 gegen die spanischen Besetzungen am Niederrhein, sondern Otto Heinrich organisierte 1605 nach erneuter Flucht von Schloss Rheydt die Verteidigung der Stadt Wesel gegen eine anrückende spanische Offensive von General Ambrosio Spinola (1569–1630). Dieser lagerte schließlich im Oktober mit einer riesigen Armee aus rund 20.000 Söldern, darunter 800 Kürassiere, an der Ruhrmündung zwischen Ruhrort und Duisburg. Rechnet man den gesamten Tross mit ein,lagerten hier rund 80.000 Personen. Ausgehend von dieser für die spanische Straße über den Rhein wichtigen Position versuchte Spinola erneut Stützpunkte im Umland zu erobern. Der gemäß der brandenburgisch-niederländisch-pfälzischen Übereinkunft zur Unterstützung Otto Heinrichs in Wesel lagernde Moritz von Oranien-Nassau (1567–1625) fügte mit seiner Gegenoffensive den Spaniern erheblichen Schaden zu: Ein rund 4.000 Mann starker spanischer Expeditionstrupp bei Mülheim erlitt hohe Verluste, auch etliche Mülheimer Bürger wurden getötet.

2021-11-10

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