Brandenburgisches Glas

Fußschale mit eingeschmolzenen Glaskröseln

Flache Schale aus Glas, das zwischen zwei farblosen Schichten eine Schicht opakblauer, opakroter und milchblauer Glaskrösel einschließt, der angeschmolzene Hohlfuß aus farblosem Glas, dessen Fußrand ist breit nach unten umgeschlagen, kräftiger Abriss, die Schalenfahne ist abgeflacht und der Mündungsrand verwärmt. Lediglich am Rand sind noch vereinzelt Reste einer ehemals vorhandenen Vergoldung erkennbar.
Die Fußschale ist ein seltenes Beispiel der frühen Luxusglasproduktion in Brandenburg. Das Grüne Gewölbe in Dresden verwahrt einen Pokal aus der gleichen Glasmasse mit einer eingeschmolzenen Schicht aus farbigen Kröseln (Inv. Nr. IV 206; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 7, 8; Taf. 1.1+3). Er ist mit der Jahreszahl 1602 versehen und ermöglicht so eine präzise Datierung auch der Schale. Robert Schmidt erwähnt in seinem Standardwerk "Brandenburgische Gläser" von 1914: "Solche marmorierte Schalen haben sich nun in mehreren Exemplaren erhalten, und zwar ein unbemaltes im Berliner Kunstgewerbemuseum, und zwei bemalte, ebenda (Tafel 1 Mitte) und im Fürstlich Hohenzollernschen Museum zu Sigmaringen." Letztere gelangte später in die Sammlung des Museums für Kunsthandwerk in Frankfurt a. M. (Ohm, Europäisches und außereuropäisches Glas, 1989, Kat. 342, S. 152). Ein weiteres Pendant soll sich – so Schmidt – in der Sammlung Minutoli befunden haben und aus der Berliner Schlosskellerei stammen (ebenda, S. 8). Tatsächlich ist diese identisch mit der hier beschriebenen Schale. Das Kunstgewerbemuseum bekam sie 1873 überwiesen, nachdem sie das Königliche Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten 1869 erworben hatte.
Schmidt bildete die bemalte Berliner Schale ab (Inv.-Nr. 1893,65; Kriegsverlust; ebenda 1914, S. 7, 8; Taf. 1.2). Im Zentrum trug sie das brandenburgische Wappen mit preußischem Herzschild "in Gold und kalten Lackfarben", so der Begleittext. Gut erkennbar auf der Schwarz-Weiß-Abbildung ist der Randfries aus "Ovalfeldern mit goldenen Blüten auf abwechselnd rotem und grünem Grund". Da die hier beschriebene Schale eine abweichende Anordnung der Krösel aufweist, muss sie die von Schmidt als "unbemaltes" Exemplar bezeichnete sein. Da die zarten Spuren der Vergoldung am Schalenrand lediglich bei genauem Hinsehen erkennbar sind, hat er sie übersehen. Bereits der Inventareintrag der Minutoli-Schale erwähnt keine Veredelung – deren Verlust datiert demnach bereits vor 1869.
Das Verfahren der eingeschmolzenen Krösel, das zu der attraktiven Marmorierung führt, wurde von Muraneser Glashütten entwickelt. Ebenfalls die Schalenform ist mit und ohne Kaltbemalung und Vergoldung seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts für venezianische Gläser dokumentiert (Theuerkauff-Liederwald, Venezianisches Glas, 1994, Kat. 42–45, 52, 62). Verantwortlich für diese raffinierten Techniken in Grimnitz waren Glasmacher aus dem böhmischen Kreibitz unter der Leitung von Martin Friedrich (Mock, Glashütten Grimnitz, 2021; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 1–8). Ein Verzeichnis der Glashütte vom 5. Juni 1602 listet unter zahlreichen anderen exklusiven Waren "27 gemarmoliertte schalenn" (Schmidt, S. 5). [Manuela Krüger/Verena Wasmuth]

(Object from: Kunstgewerbemuseum Original entry)

Material /Technique ...

Glas mit eingeschmolzenen Farbkröseln / in Hilfsmodel geblasen, geformt, vergoldet, kaltbemalt

Measurements ...

H. 4,2 cm; Dm. Fuß 13,6 cm; Dm. Schale 20,2 cm; Wandungsstärke 2,5 cm

Created ...

... Who:

... When:1602 [circa]

... Where:Joachimsthal 

Literature ...

  • Dreier, Adrian (1989): Venezianische Gläser und "Façon de Venise". Berlin
  • Mock, Markus Leo (2021): Glashütten Grimnitz, publiziert am 08.02.2021; in: Historisches Lexikon Brandenburgs, URL: http://www.brandenburgikon.de. online