Brandenburgisches Glas

Flachglas aus brandenburgischer Produktion des 16. bis 18. Jahrhunderts

Etliche brandenburgische Glashütten stellten Flachglas für Fenster her, auch als Tafel-, Schoff-, Schock- oder Schobglas bezeichnet, das qualitativ besonders gute gegossene Glas als Spiegelglas. Die Scheibenglasproduktion ist im 16. und 17. Jahrhundert für die ersten kurfürstlichen Hütten in Grimnitz, Marienwalde, Chorin, Pinnow, Potsdam (Drewitz) und Zerpenschleuse belegt. Damals existierten drei Verfahren zur Herstellung von Scheiben:

Beim ersten blies der Glasmacher zunächst einen größeren Posten Glas hohl auf, heftete ihn um und sprengte ihn von der Pfeife ab. Mit der Auftreibschere öffnete er die Blase und rotierte sie dabei kontinuierlich weiter. Durch die Fliehkraft öffnete sich die so entstandene Glasschale zu einem Teller, der immer weiter geschleudert wurde bis zu einer flachen Scheibe mit einem Durchmesser von rund 120 cm. Nachdem der Glasmacher das Hefteisen abgesprengte, ließ er die Scheibe im Kühlofen langsam auskühlen. Aus den äußeren, nahezu schlierenfreien Flächen des Runds schnitt er Rauten oder Rechtecke, das zentrale Auge wurde zur Butze. Im ausgehenden 17. und im 18. Jahrhundert fertigten nahezu alle Waldglashütten in der Mark Brandenburg Flachglas an, allerdings nur Pinnow, Potsdam (Drewitz) und Zerpenschleuse nach diesem Verfahren, auch Mondglas genannt. Für Butzen blies man überdies Glasposten aus dem Schmelzofen zu einer kleinen Glaskugel, heftete sie um und weitete sie danach am Abschlag mit dem Auftreibeisen. Der Rand wurde für eine bessere Stabilität umgeschlagen. Abschliessend trennte der Glasmacher das Hefteisen ab. 

Beim zweiten, dem Zylinderblasverfahren, wird ebenfalls zunächst ein Posten Glas hohl aufgeblasen und zwar in einen ovalen Ballon. Dessen Ende wird mit der Auftreibschere geöffnet, die Glasmacherpfeife am gegenüberliegenden Ende abgeschlagen und so aus dem Ballon ein Zylinder gebildet, der anschließend aufgeschnitten und auf einem Metallblech zu einer Tafel geglättet wird.

Das dritte Verfahren ermöglichte die serielle Herstellung großflächiger Scheiben von höchster Qualität. Dabei breitete der Glasmacher die gegossene Glasmasse durch Walzen auf einem Tisch aus und brachte sie auf eine ebene Stärke. Nach dem Erkalten des Glases schliff und polierte man dessen Oberflächen glatt. In Brandenburg waren die Spiegelglasmanufaktur in Neustadt a. d. Dosse sowie die Potsdamer Hütte und ihre Nachfolgerin in Zechlinerhütte als Hofglasmanufakturen in der Lage, Flachglas nach dieser aufwendigen Technik zu fertigen. Ebenso lieferten sie diese Scheiben als einzige aus dem besonders reinen „Kristallglas“.

2023-08-06

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