Von einzelnen meteorologisch messenden Luftschifffahrten bis zum Entdecken der Stratosphäre
Während bei der allerersten Ballonfahrt nur ein Tier als Fahrgast den unbekannten Risiken ausgesetzt wurde, gelang im Jahr 1902 den beiden Ballonfahrern Arthur Berson und Reinhard Süring ein Rekordaufstieg auf 10800 m
Mit dem ersten, noch unbemannten, Ballon-Aufstieg der Brüder Stephan und Joseph Montgolfier am 5. Juni 1783 zeigten sie der Menschheit die Möglichkeit auf, den Traum vom "Fliegen" wahr werden zu lassen. Allerdings benutzten sie dazu nicht das von Cavendish bereits im Jahr 1766 entdeckte Wasserstoffgas, das 14 mal leichter ist als Luft. Sie nutzten einfach erwärmte Luft für die Verwirklichung ihrer Idee. Die Idee, Gas für einen (ebenfalls zunächst unbemannten) Ballonaufstieg zu nutzen, wurde erstmals von Professor Charles am 27. August 1783 mit dem Ballon "Globus" auf dem Marsfeld in die Tat umgesetzt. Diesen Erfolg beantworteten die Gebüder Montgolfier dann im Beisein von Ludwig XVI. mit dem Aufstieg einer "Feuerkugel", an die ein Käfig mit einem Schaf angehängt worden war, das heil zur Erde zurückkehrte. Zwar erhob sich dann 21. Oktober 1783 Pilatre de Rozière ebenfalls noch mit einem Heißluftballon persönlich und begleitet von dem Marquis von Arlandes in die Luft und beide landeten glücklich auf freiem Felde. Aber im Unterschied zu den "Feuerkugeln" setzten sich in der Folgezeit zunächst die Gasballons durch, die "Aerostaten" genannt wurden.
Und schon im 19. Jahrhundert hatte die Sicherheit der Ballonherstellung und der Ballonschifffahrt dann ein so hohes Maß erreicht, dass Ballonfahrten als Freizeitvergnügen angeboten werden konnten. Luftschiffer-Vereine wurden in vielen Städten Europas gegründet, in Großbritannien beispielsweise schon 1843, und viele Staaten bildeten militärische Luftschiffer-Einheiten. Ein Zentrum dieser Entwicklungen war jedoch Paris. "Frankreich hat der Welt die Luftballons geschenkt" lautet ein Satz von Glaisher nach der Darstellung von Hermann Masius auf Seite 15. So gelang es Gaston Tissandier im Krieg zwischen Deutschland und Frankreich im Jahr 1871 aus dem eingeschlossenen Paris mit einem Freiballon zu entkommen. Insgesamt sind in dem Buch von Masius 65 Ballonfahrten aufgeführt, mit denen während des Winters 1871/72 Menschen die belagerte französische Hauptstadt verlassen haben (Seiten 336 - 339).
In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in England und Frankreich Ballon-Aufstiege auch zu meteorologischen Messungen unternommen. Aus der kritischen Diskussion um die dabei gewonnenen Messergebnisse entwickelte sich eine rasante internationale Diskussion um zuverlässige Instrumente. Es wurde angestrebt, dass die Ergebnisse unterschiedlicher Fahrten miteinander verglichen werden könnten. Ab 1875 war es dann in Frankreich Gaston Tissandier, der bei seinen gut ausgestatteten Freiballon-Aufstiegen gründliche meteorologische Messungen durchführte.
Das nebenstehende Bild zeigt den Leiter der Abteilung für Meteorologie und Magnetismus an der Sternwarte in Greenwich, James Glaisher, zusammen mit Coxwell in der Gondel ihres Freiballons. Seine Aufstiege waren die ersten mit einer gründlichen meteorologischen Messinstrummenten-Ausrüstung gestarteten Ballonaufstiege. (Wikipedia-Seite über Glaisher).
Besonders von den privaten Luftschiffer-Vereinen wurden verschiedene Wettkampf-Formen mit Freiballon-Fahrten entwickelt, und der spektakuläre Charakter solcher Veranstaltungen lockte große Zuschauermengen an. Zur Verbesserung der Sicherheit bei ihren Fahrten suchten auch die Luftschiffer-Vereine Unterstützung bei den Meteorologen. So trat der "Deutsche Verein für die Förderung der Luftschiffahrt" in Berlin aus diesem Grunde an das Königlich Preußische Meteorologische Institut in Berlin heran und bat Richard Assmann, Arthur Berson und Reinhard Süring um Mitgliedschaft im Verein. Assmann nutzte die Möglichkeiten des Vereins in den Jahren 1888 bis 1899 zu wissenschaftlichen Luftfahrten.
In Frankreich war in diesen Jahren der Fortschritt meteorologischer Forschung in der "freien Atmosphäre" besonders der privaten Initiative von Leon Teisserenc de Bort zu verdanken, der in Trappes bei Paris ein "Observatoire de Météorologie Dynamique" aufbaute und dort vorwiegend und mit großem Erfolg Registrierballonaufstiege (ballon sondes) durchführte.
Gaston Tissandier wird in einem Disput zwischen Richard Assmann (Berlin) und Hugo Hergesell (Strassburg) über das "Erstlingsrecht" für die Idee "simultaner meteorologischer Aufstiege" von Hergesell als der Erste genannt, der diese Idee hatte ("Illustrirte Mittheilungen des Oberrheinischen Vereins für Luftschiffahrt", Nr. 1, Strassburg 1897, S. 22-24). Diese Darstellung wird unterstützt durch die Darstellung von Paul Dubois "Das Observatorium Lindenberg in seinen ersten 50 Jahren 1905 bis 1955", Offenbach a. M. 1993, Seite 29: "Der erste Vorschlag, auf dem Gebiet der Erforschung der freien Atmosphäre zu einer internationalen Zusammenarbeit zu gelangen.....geht auf den Luftschiffer und Gelehrten G. Tissandier zurück. 1886 anläßlich eines Besuches von W. v. Bezold bei ihm in Paris sprach Tissandier diesem gegenüber den Gedanken aus, gleichzeitige Freiballonfahrten von Paris und Berlin aus zu verabreden".
2024-03-08
Sources and Links ...
- Masius, Hermann "Luftreisen von J. Glaisher, C. Flammarion, W. v. Fonvielle und G. Tissandier", 2. vermehrte Auflage, Leipzig 1884
Ausführlich wird in dem Buche dargestellt, dass auch die frühen Freiballonfahrten in England und Frankreich zu bedeutenden Teilen für die meteorologische Erforschung der freien Atmosphäre genutzt worden sind. Besonders hervorgehoben werden dabei James Glaisher und Gaston Tissandier.