Die Erfindung von Tradition.

Geschichte verwandelt Historisches nicht nur in Traditionen. Traditionen bestimmen selbst darüber, was wir zur Geschichte erklären und was nicht. Was zuerst da ist, bleibt oft ungewiss. Die Institution Museum ist dabei Bindeglied zwischen geschichtlicher Erzählung und tradierten Selbstwahrnehmungen. Stadtmuseen übernahmen lange die Funktion, historisches Wissen in offizielles Wissen darüber, was eine Kommune politisch, geographisch, gesellschaftlich und in ihrer Entwicklung auszeichnet zu verwandeln und – wie der Raum, in dem Sie sich befinden offenbart – zu ergründen, wo ihre Ursprünge liegen.

Die Suche nach dem Ursprung ist dabei auch immer davon motiviert, die Stadt, mit dem sich das Stadtmuseum beschäftigt, in ihrer Existenz durch Historie zu legitimieren. Implizit erzeugt der hier zugängliche Teilbereich der Ausstellung das Bild von Ludwigsfelde als ein schon „immer da gewesenes“ Ballungsgebiet. Die Hellebarde und die Brandhaken werden als Exponate inszeniert, die das „Leben der Menschen auf dem Dorfe über Jahrhunderte“ begleiteten. Die Suche nach den Ursprüngen stößt im Raum immer auch auf wechselnde Momente des Zusammenlebens; deren Kern der Prozess der Wanderung und Migration darstellt. Der Brunnennachbau, der das Zentrum des Raums ziert, betont dabei den Ursprungstopos des Raums. Ohne Wasser kein Leben, auch nicht in Ludwigsfelde.

Der im Raum angebotene wilde Ritt durch die Vorgeschichte der Stadtwerdung ist dabei ausgerichtet, einen logischen und damit auch zielgerichteten Verlauf der Geschichte zur Stadtwerdung zu kreieren, in dem Zufall und Möglichkeiten keinen Platz finden. Von den ersten Spuren der Besiedlung, die im Rahmen von archäologischen Grabungen ans Tageslicht gebracht wurden, über mittelalterliche Fundstücke und der Siedlungspolitik von Friedrich dem Großen zieht der Raum eine Linie hin zur Gemeindewerdung 1928.