Gläser mit mythologischen Themen und Früchtekindern

Deckelpokal mit Kinderbacchanten

Pokal mit zugehörigem Deckel aus dickwandigem, farblosen Glas. Der steil ansteigende Fuß ist facettiert, trägt einen mattierten Akanthusfries in Hochschnitt und geht nach einem Perlfries an einem Kerbschliff in einen sehr kurzen Massivschaft über. Durch die Wiederholung des hochgeschnittenen Akanthusdekors ist der Ansatz der sich konisch weitenden Kuppa erhaben. Die Kuppawandung ist umlaufend mit der tiefgeschnittenen Darstellung eines Bacchanals dekoriert: Auf einem Landschaftssockel mit Bäumen ziehen musizierende Kinderbacchanten, Putten und Satryrn, den Wagen des Bacchus nach rechts. Der Mündungs- wie der Deckelrand ist mit einer Steinchenborte in poliertem Hochschnitt über einem Perlfries verziert. Am Übergang zum Knauf ist der Deckel ebenfalls mit einem mattiertem Akanthusfries in Hochschnitt verziert. Über einem kurzen, polierten Schaft ein massiver, hoher, mattierter Eichelknauf.

Der plastische Akanthusdekor in Hochschnitt ist auf Potsdamer Pokalen mit hohem Schaft aus der Zeit 1715 bis 1725 dokumentiert (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 22.1–3). Das gleiche Bacchanalmotiv findet sich auf einem Deckelpokal der Potsdamer Glashütte, ehemals im Schlesischen Museum in Breslau (vgl. Ebenda, Taf. 22.1). Entsprechend verortet auch Jutta Hörning dieses Glas noch nach Potsdam (Hörning, Gläser, 1978, Kat. 93 und 94). Formal handelt es sich bei dem Glas um einen sogenannten "Stutzerpokal", der ein typisches Produkt der Zechliner Glashütte ab etwa 1740 wurde (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Abb. 16, S. 60 und Abb. 48, S. 103). Es handelt sich um eines der frühesten Beispiel dieses Typs aus Brandenburg (vgl. Exemplar im Potsdam Museum, Inv. Nr. 80-597-GL, publ. Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 63, S. 129). In seiner feinen Qualität und der Kombination von Hoch- und Tiefschnitt dürfte das Glas der Werkstatt Gottfried Spiller zuzuordnen sein, die bis 1728 in Berlin aktiv war.

Der Deckelpokal stammt wahrscheinlich ursprünglich aus dem Nachlass der Markgrafen von Schwedt. Er ist über Philippine Prinzessin von Preußen-Schwedt (1745–1800), verwitwete Landgräfin von Hessen-Kassel, in den Besitz der Grafenfamilie gelangt. Sie war seit 1796 mit Georg Ernst Levin Reichsgraf v. Wintzingerode-Bodenstein, ihrem Obersthofmarschall, inoffiziell verheiratet. Das Glas gelangte 1945 mit dem enteigneten Kunstbesitz der Grafen von Wintzingerode in das Museum nach Weimar. Durch Entgegenkommen des dortigen Direktors wurde noch vor dem offiziellen Restitutionstermin dieser Ankauf ermöglicht.

Verena Wasmuth

(Object from: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Original entry)

Material /Technique ...

Glas, farblos, in Hilfsmodel geblasen, geformt, geschnitten, geschliffen

Measurements ...

Hauptmaß: Höhe, mit Deckel: 33.00 cm Höhe, ohne Deckel: 20.00 cm Durchmesser, mit Deckel: 14.00 cm Durchmesser (oben), ohne Deckel: 11.00 cm

Created ...

... Who:

... When:1715-1725

... Where:Potsdam 

Created ...

... Who:

... When:1715-1725

... Where:Friedrichswerder 

[Relation to person or institution] ...