Berliner Uhren

Turmuhren

Die ersten öffentlichen Uhren, die in Gemeinwesen, wie Klöstern oder Städten, durch optische und/oder akustische Zeichen die Zeit angaben, waren Turmuhren. Großuhrmacher stellten sie her. Die anfangs sogenannten „Seigermacher“ gehörten in Berlin noch der „Kombinierten Schlosser-, Sporer-, Büchsen-, Uhr- und Windenmacher-Innung“ an und führten dementsprechend neben der Fertigung und Wartung von Turmuhren auch Schmiede- und Schlosserarbeiten aus. Im Niederdeutschen steht das Wort „saigere“ oder „seiger“ für die Waag, den Gangregler für ortsfeste Uhren, häufig in Form eines Balkens, an dem an beiden Seiten verschiebbare Gewichte angebracht waren.

Das Berliner Rathaus verfügte schon um 1380 über eine kleine Turmuhr. Es folgten um 1400 das kurfürstliche Schloss in Cölln sowie die großen Stadtkirchen. Das Schlagwerk dieser frühen Uhren musste noch manuell, beispielsweise durch den Küster, zu den entsprechenden Zeiten bedient werden. Seit dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts setzten sich jedoch nach und nach Turmuhren mit selbsttätigem Schlagwerk durch. Viele Großuhrmacher, die sich in dieser Zeit und auch noch im folgenden Jahrhundert in Berlin niederließen, kamen aus Süddeutschland. Nürnberg und Augsburg waren in der frühen Neuzeit Zentren des Uhrenbaus im deutschsprachigen Gebiet. Wer in Berlin Meister werden wollte, musste als Meisterstück unter anderem eine gewichtsgetriebene große Uhr mit Mondanzeige sowie Voll- und Viertelstundenschlagwerk vorweisen. Somit verfügte er also auch über überdurchschnittliche Kenntnisse in der Mathematik und Astronomie.

Lag die Zeitangabe anfangs noch in den Händen der Klöster und Kirchen, änderte sich dies allmählich und wurde mehr und mehr landesfürstliche Angelegenheit. Da es häufig zu Verwirrung um die zu unterschiedlichen Zeiten öffentlich läutenden Uhren kam, bestimmte der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm, der auch oberster Kirchenherr im Land war, am 13. Oktober 1677, dass die Domuhr beim kurfürstlichen Schloss als Richtschnur für alle anderen öffentlichen Uhren Berlins gelte. In den wachsenden Städten mit immer größerer Einwohnerzahl war ein für alle erkennbares, möglichst akkurates Zeitzeichen bei den Turmuhren wichtig für den Ablauf öffentlicher Handlungen, wie Toröffnungszeiten, Märkte, Gottesdienste usw.

Im 18. Jahrhundert wurden auf Wunsch des Königs zwei Turmuhren mit einem Glockenspiel kombiniert: in der Berliner Parochialkirche und in der Potsdamer Garnisonkirche. Führende Turmuhrenhersteller in Berlin waren die Großuhrmacher Johann Christian Möllinger (1754-1826) und später sein Sohn Eduard (Lebensdaten unbekannt, 1818 als Geselle bei seinem Vater losgesprochen, Übernahme der väterlichen Turmuhrenfabrik) sowie Carl Ludwig Buschberg (um 1743-1805). Durch den Aus- und Aufbau von Kirchen in Berlin und Brandenburg-Preußen gab es eine starke Nachfrage nach Turmuhren. Berliner Hersteller belieferten zudem die preußischen Rheinlande sowie viele mecklenburgische Orte.

In den königlichen Anlagen, wie auf der Pfaueninsel oder in der gegenüberliegenden Kirche Nikolskoe, gehörten die Turmuhren mit Glockengeläut eher zur privat gewünschten, landschaftlichen Idylle von Mitgliedern der königlichen Familie. Sie besaßen nur für einen kleinen Kreis von Anwohnern einen tatsächlichen Nutzen.

2020-12-03

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