Reiseuhren
Die kleinen, kompakten Zeitmesser mit waagerechtem Zifferblatt entwickelten sich aus den frühen Tischuhren und besitzen meist ein feuervergoldetes Messing-, später auch ein quaderförmiges Gehäuse mit Tragering auf der Oberseite. Das Werk ist massiv und mit Spindelhemmung, Halb- und Vollstundenschlagwerk, Repetition und häufig einem Wecker versehen. Die Glocke befindet sich fast immer auf der Gehäuseunterseite, um Platz zu sparen. Für den Transport verpackte man sie in ein schützendes Lederfutteral, das an der Seite des Zifferblattes meist verglast war, um die Zeit auch unterwegs ablesen zu können. Im Hausgebrauch dienten die Reiseuhren häufig als Wecker.
Berliner Reiseuhren sind vorrangig zweckmäßig und ohne große Dekoration gestaltet. Wegen ihrer vielseitigen Einsatzmöglichkeiten nutzten sie auch Offiziere im Feld. Diese Sonderform der Offiziersreiseuhr war bis in die Zeit des Biedermeier, etwa bis in die 1840er Jahre, beliebt. Im späteren 19. Jahrhundert kam der sehr langlebige Pariser Reiseuhr-Typ auf den Markt. Charakteristisch ist das aus einem quaderförmigen Messingrahmen mit Klappbügel zum Tragen und eingesetzten Glasscheiben konstruierte Gehäuse mit meist hochrechteckigem Email-Zifferblatt. Auch in Berlin wurden diese Gehäuse etwa bis zum ersten Weltkrieg von bekannten Uhrmacherfirmen, wie Felsing, Eppner oder Oppermann, verwendet. Der Typus greift interessanterweise die barocke Form der ebenfalls hochrechteckigen Feuerzeugweckuhr von Pierre Fromery auf, deren kompakte Bauweise offensichtlich für die modernen Uhren vorbildlich war.
2020-12-03