Die Berliner Märzrevolution 1848 und der Friedhof der Märzgefallenen

Ernst Zinna (1830-1848)

Der unerschrockene Ernst Zinna starb mit nur 17 Jahren an einer Schussverletzung an der Barrikade Jäger- Ecke Friedrichstraße.

Ernst Zinna starb mit nur 17 Jahren an einer Schussverletzung in der Berliner Charité, nachdem Soldaten an einer Barrikade in Berlin auf ihn geschossen hatten. Ernst war eines von vielen Opfern der Revolution. Aber ausgerechnet er war 100 Jahre nach seinem Tod zum Helden gemacht worden.
Zinna war der Sohn eines Seidenwebers. Sein Vater verdiente wenig Geld. Weber wurden kaum noch gebraucht, denn immer mehr Stoffe wurden von Maschinen gewebt. Die Familie Zinna lebte in Armut. Ernst sollte es in Zukunft aber besser haben: Er machte eine Lehre zum Schlosser. Das war ein sicherer Beruf.
Ernst wohnte in der Jägerstraße 4 in Berlin. Als am 18. März 1848 Kämpfe in der Stadt ausbrachen, wurde nur zwei Straßenecken weiter, zwischen der Jäger- und der Friedrichstraße, eine Barrikade gebaut. Sie bestand aus einem umgekippten Wagen, einigen Tonnen und Brettern. Besonders stabil war sie nicht. Ernst war mit seinem Freund Heinrich Glasewald unterwegs. Heinrich war zwei Jahre älter als Ernst und auch Schlosserlehrling. Beide hatten sich bewaffnet: Heinrich hatte ein altes Gewehr dabei, Ernst einen rostigen Säbel. Es war offensichtlich, dass die Barrikade in der Jägerstraße einem Angriff nicht Stand halten würde. Als sich eine Gruppe Soldaten näherte, flüchteten die meisten Menschen. Ernst und Heinrich blieben alleine zurück, um ihre Stellung zu verteidigen. Als die Soldaten in Sichtweite waren, schoss Heinrich mit seinem Gewehr auf sie. Die Soldaten erwiderten das Feuer. Heinrich wurde am Arm getroffen und ging zu Boden. Da sprang Ernst von der Barrikade. Er erwischte einen Offizier mit seinem Säbel, hob ein paar Pflastersteine auf und warf sie auf die Soldaten. Die schossen und trafen Ernst in den Unterleib. Er starb am nächsten Tag. Sein Freund Heinrich überlebte.
Ernst wurde am 22. März auf dem Friedhof der Märzgefallenen beigesetzt. Viele Menschen waren fasziniert von seiner Geschichte. Richtig bekannt wurde er aber erst später: Zum 100-jährigen Jubiläum der Revolution weihte die FDJ, die Jugendorganisation der DDR, eine Gedenktafel für Ernst an seinem Wohnhaus in der Jägerstraße ein. Später wurden eine Straße und Schulen nach ihm benannt und Bücher über ihn geschrieben. Die Geschichte vom Schlosserlehrling Ernst Zinna wurde zur Legende. Sie sollte die Jugend der DDR zu einem heldenhaften Kampf für die Sache der Arbeiter inspirieren. Dabei wissen wir nur wenig über Ernst. Wieso blieben er und Heinrich an der Barrikade? Waren sie politisch motiviert oder bloß abenteuerlustig? Die beiden haben nichts hinterlassen, was diese Fragen beantworten könnte.

 

  • Name: Zinna
  • Vorname: Ernst Friedrich Rudolph
  • Alternativer Vorname: C. Fr. Rud. (Ku)
  • Geburtsdatum: 08.09.1830
  • Alter: 17 (rechnerisch; 18 nach Ku)
  • Geburtsort: Berlin
  • ausgeübter Beruf: Schlosserlehrling
  • Beruf des Vaters: Seidenwirkermeister (Gärtner)
  • Wohnort: Jägerstraße 4 (bei Leining, nach Ku; heute 10117 Berlin)
  • Todesdatum: 19.03.1848
  • Todesumstände: verstarb nach Schußwunde durch die Brust (auf der Barrikade Jägerstr./Ecke Friedrichstr.) in der Charité
  • Gemeindezugehörigkeit: Parochial
  • Bemerkungen:
    • Vater: Seidenwirkermeister (Gärtner), Friedr. Wilhelm Z. in der Commun am Landsberger Tor im Mehnertschen Haus / Neue Friedrichstr. 47, später Auguststr. 11.
    • Mutter: Wilh. Dorothee, geb. Hintze
  • Todesanzeige: "'Hier ruhet der Freiheitskämpfer Ernst Zinna, geb[oren]. den 8. Sept. 1830. Er war der letzte Vertheidiger der Barrikade an der Jäger- und Friedrichstraße-Ecke.' – (Bekanntlich vertheidigte Zinna die genannte Barrikade, nachdem sie nicht mehr zu halten war, gegen ein heranstürmendes ganzes Batailon Garden, ganz allein, bis er von einem Peloten-Feuer zerschmettert todt niedersank.)" (Locomotive)
  • Bestattungsort: Friedhof der Märzgefallenen
  • Erhaltenes Grabzeichen: Gedenktafel Jägerstr.
  • Grablage Deichmann 1848: Abt. IV, Nr. 23
  • Grablage 1939: R. IV, Nr. 23
  • Inschrift des Grabdenkmals: "Hier ruhet der Freiheitskämpfer Ernst Zinna, geb. den 8. Sept. 1830. Er war der letzte Vertheidiger der Barrikade an der Jäger- und Friedrichstraße-Ecke." (Locomotive)
  • Quellen: VZ/ÜF
    • Deichmann, Friedrich Wilhelm: Vollständiges Verzeichniß von sämmtlichen im Friedrichs-Haine Beerdigten, welche als Opfer für die Freiheit am 18. und 19. März 1848 in Berlin gefallen sind, [Berlin 1848], S. 6, Voltext online.
    • Locomotive. Zeitung für politische Bildung des Volkes, Nr. 145, Berlin, 23.09.1848, S. 580.
    • Hoppe, Ruth und Jürgen Kuczynski: Eine Berufs- bzw. auch Klassen- und Schichtenanalyse der Märzgefallenen 1848 in Berlin, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, Bd. 4, 1964, S. 200–276, hier S. 267.
    • <li>Warnecke, Heinz: Die 1848er Märzgefallenen im Friedrichshain (= Friedrichshainer Hefte), Berlin 2005, S.&nbsp;58.</li>
  • Nummer auf der Barrikaden-Karte: 289

2023-04-04