Berliner Uhren

Taschenuhren

Außer am kurfürstlichen Hof, wo Taschen- oder Sackuhren beispielsweise in den Nachlassinventaren in größerer Anzahl genannt werden, mehren sich ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Nachrichten über den Gebrauch von Taschenuhren auch bei gutsituierten Bürgern. Häufig waren sie durch ihre Materialien Gold und Silber und ihre künstlerische Gestaltung mit Gravuren, Ziselierungen, Edelsteinbesatz und Emailmalerei außerordentlich kostbar. In Berlin pflegten die Kunst der Emailmalerie besonders die unter den Kurfürsten Friedrich Wilhelm bzw. Friedrich III. aus Genf berufenen Brüder Pierre II. (1647-ca.1698), Jean-Pierre (1655-1723) und Amy (1657-1729) Huaut. Sie malten mit feinstem Pinselstrich mythologische und biblische Szenen und Miniaturbildnisse auf Taschenuhren und Dosen.

Daneben sind Uhrgehäuse aus mit Gold gefasstem Jaspis, ägyptischem Achat, Kristall oder Chrysopras bekannt. Zum Schutz erhielten die Zeitmesser Übergehäuse aus feinstem Chagrin-Leder oder ebenfalls aus Edelmetall. Wohl wegen dieser außerordentlich künstlerischen Verarbeitung entwickelte sich die Taschenuhr besonders in höfischen Kreisen zu einem beliebten Sammelobjekt. So beschrieb ein anonymer Venezianer Anfang des 18. Jahrhunderts allein 26 Taschenuhren im Schreibzimmer des preußischen Königs Friedrich I. im Berliner Schloss. Die meisten kamen später in die Kunstkammer, erhalten hat sich davon keine. Im Nachlassinventar der Königin Sophie Dorothea (1687-1657) werden allein 51 Taschenuhren erwähnt.

Stammten die meisten dieser wertvollen Taschenuhren noch aus England oder Frankreich, so zogen schon bald die Berliner Hofuhrmacher auf diesem Gebiet nach: Nikolaus Pohlmann, Heinrich van Kerckhellen, David Nicolaus Albrecht, Georg Seydel lieferten ihre Werke vermutlich nicht nur an den Hof, sondern exportierten diese auch. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stieg der Bedarf an preiswerten Taschenuhren enorm. Sie wurden in ausgezeichneter Qualität u.a. von den Berliner Kleinuhrmachern Louis Petitot, Carl Heinrich Graupner und Louis George sowie in der Königlichen Uhrenmanufaktur gefertigt. Die Rohwerke bezogen die Hersteller häufig aus der Schweiz, in der äußeren Form folgten sie der französischen Mode.

2020-12-03

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Louis Petitot, Taschenuhr, um 1720, Inv. Nr. KH 98/140 UH
(Stiftung Stadtmuseum Berlin)

Louis Petitot gehörte zu den Nachfahren der Hugenotten, die 1685 als Flüchtlinge nach Berlin kamen. In der Literatur wird ein Jean Petitot erwähnt, der 1607 in Genf geboren wurde und ein...