Der Bildhauer Ridolfo Schadow

Bildnis Vittoria Buti

Beschreibung

Es ist ein Bildnis von zurückhaltender Anmut, das Ridolfo Schadow von der fünfzehnjährigen Vittoria Buti schuf. Der von den Augensternen betonte Blick ist durch die leichte Neigung des Kopfes in die Ferne gerichtet und vermittelt den Eindruck eines konzentrierten Bei-sich-Seins. Ganz antiken Vorbildern verpflichtet, ist einzige stoffliche Zutat der unbekleideten Darstellung ein Haarband. In zwei Strängen verläuft es über den Scheitel und eng über die obere Stirn und fasst das mittig-gescheitelte, ebenmäßig sanft gelockte Haar, das zu einem lockeren Knoten am Hinterkopf gebunden ist. Die Strenge und Genauigkeit dieses fein gestalteten Details verstärkt den Eindruck von kontrollierter Bedachtheit und zugleich idealer Ausgewogenheit. Die Schönheit des Porträts mit ihrer durch die weiche, zarte und zugleich jung und fest anmutende Fleischlichkeit von Gesicht, Hals und Haut lässt Ridolfos Nähe zu seinem Lehrer Bertel Thorvaldsen und dessen Darstellungen einer idealisierten Körperlichkeit aufscheinen. Diese unterliegt dabei einer klassizistischen Strenge der Form, die Ridolfo unter dem römischen Einfluss entwickelte und dadurch Abstand zu seinen Berliner Anfängen und dem dort verbreiteten sinnlich-natürlicheren Zugang zu einer neuen Formensprache gewann.

Nicht nur formal lässt sich die Büste auf Ridolfos künstlerisches Umfeld beziehen. So ist sie auch als biografischer Verweis auf sein römisches Netzwerk und privates Umfeld zu begreifen. Vittoria Buti war eine der Töchter des Ehepaares Buti, das die Künstlerherberge Casa Buti betrieb, in der neben Alexander von Humboldt oder Ridolfos Lehrer Bertel Thorvaldsen auch der Bildhauer selbst residierte. Zu einer geplanten Hochzeit Ridolfo Schadows mit Elena Buti, der älteren Schwester Vittorias, kam es aufgrund dessen überraschenden und frühen Tods nicht mehr. Vittoria selbst ehelichte einen weiteren Gast ihrer Eltern, den Bildhauer und Christian Daniel Rauch-Schüler Julius Troschel, mit dem sie in Rom lebte.

Sowohl seinem Vater sowie Christian Daniel Rauch teilte Ridolfo brieflich mit, dass er eine zweite Version der Büste modelliere. Vom Verbleib dieses Exemplars ist allerdings nichts bekannt. Der Marmor wurde im April 1819 in Rom auf einer Ausstellung zu Ehren des Kaisers Franz von Österreich gezeigt. Kurze Zeit später ging sie nach Berlin und wurde im Juli 1820 auf der Akademie-Ausstellung unter dem Titel Büste in Marmor, nach der Natur präsentiert. Das Werk wurde 1965 für die Skulpturengalerie der Staatlichen Museen zu Berlin erworben und ging 1993 in den Bestand der Alten Nationalgalerie über.

Sintje Guericke

Material/Technik
Marmor
 
Maße
Höhe: 55.00 cm - Breite: 30.00 cm - Tiefe: 24.00 cm
 
Signatur
Rudolph Schadow fec: Romae 1816
 
Hergestellt
...wer     Schadow, Ridolfo
...wann   1816

 

(Object from: Alte Nationalgalerie, SMB PK)