Der Bildhauer Ridolfo Schadow

Bildnis Georg Friedrich Händel (1685-1759)

Beschreibung

Noch vor der Fertigstellung seiner ‚Winckelmann‘-Büste erhielt Ridolfo Schadow den Auftrag, eine Büste des Komponisten Georg Friedrich Händel anzufertigen (Juni 1815). Auch sie war für die Aufstellung in der geplanten Ruhmeshalle (Walhalla, 1832-1842 errichtet) bestimmt und Schadow musste wie schon bei der ‚Winckelmann‘-Büste eine Fülle von Auflagen erfüllen. Für alle Walhalla-Büsten galten seit dem 7. Juli 1809 die folgenden Maße: „25 ½ Zoll Rheins. Die ganze Höhe, die Aufschrift mit eingerechnet - / 6 Zoll von den Augenbrauen bis unter das Kinn / 13 ½ die Schulterbreite 11 wo die Aufschrift. / 12 ¼ die Höhe biß zur Schulter.“ (zit.n. Simone Steger 2011, S. 55). Während sich die frühen, für die Walhalla bestimmten Porträts nach unten verjüngen, fallen die Schultern ab Juli 1812 wie bei einer Herme senkrecht nach unten ab. Und selbst bei der Gestaltung des Antlitzes waren die Bildhauer nicht völlig frei. Als Vorlagen kamen nur authentische Porträts der Darzustellenden in Frage. Gleichzeitig wurde ideale Nacktheit und ein Verzicht auf Kopfbedeckungen verlangt. Der Blick des Dargestellten war jeweils nach vorn zu richten und der Ausdruck sollte eine stille Seelengröße bezeichnen. Alle Vorgaben waren mit den ausführenden Bildhauern im Vorfeld vertraglich vereinbart worden. Obschon die Verträge mit Ridolfo Schadow nicht überliefert sind, dürfen wir annehmen, dass auch Schadow zur Ausführung dieser Auflagen verpflichtet war, und die Inschriften auf dem Sockel zählten dazu. Auf der Vorderseite ist jeweils der Name des Geehrten zu lesen, zu den Seiten oder auf der Rückseite jeweils der Name des Bildhauers und die künstlerische Vorlage, nach der die Büste gearbeitet ist.

Bei der Ausführung der Büste Händels griff Schadow auf verschiedene Vorlagen zurück. Sein Vater, der Bildhauer Johann Gottfried Schadow, hatte dem Sohn eine Maske nach Rom geschickt, die er anhand eines Gemäldes von Balthasar Denner und eines Gipsmodells von Händels Grabmal in Westminster Abbey entworfen hatte. Kronprinz Ludwig ließ nach weiteren Bildnissen suchen, die vorzugsweise zu Händels Lebzeiten entstanden waren. Das äußere Erscheinungsbild des Komponisten sollte möglichst wirklichkeitsgetreu wiedergeben werden. In diesem Zusammenhang genossen gemalte Vorlagen eine höhere Autorität als plastische, vorausgesetzt sie waren in Gegenwart Händels entstanden.

Als Schadow die Händel-Büste im Juli 1816 fertiggestellt hatte, blieb sie zunächst in seinem Atelier in Rom. Kronprinz Ludwig hatte sie dort im August 1818 persönlich begutachten können. Es ist fraglich, ob die Inschriften zu dieser Zeit schon ausgeführt waren. Die Nennung eines falschen Namens auf der Vorderseite des Sockels wäre Ludwig wohl aufgefallen. Vgl. den Beitrag zur Büste Johann Joachim Winckelmanns.

Thorsten Marr

Material/Technik
Marmor
 
Maße
Höhe: 66,5 cm - Breite: 36,0 cm - Tiefe: 26,0 cm
 
Inschriften
Inschrift am Sockel vorn: GEOR. GOTTF. HAENDEL / TONSETZER
Inschrift am Sockel links: VERFERTIGET VON / RUDOLPH SCHADOW / IM JAHRE 1816 ZU ROM
Inschrift am Sockel hinten: NACH EINER MASKE UND NACH ZEICHNUNGEN
 
Hergestellt
...wer     Schadow, Ridolfo
...wann   1816
 
Schlagworte
Büste
Rom
Walhalla
Porträt
Marmor
 
Literatur
Glaser, Hubert (Hg.), König Ludwig von Bayern und Leo von Klenze. Der Briefwechsel, Teil I/1-3, in: Quellen zur neueren Geschichte Bayerns, Bd. V, München 2004
Eckart Götz, Ridolfo Schadow. Ein Bildhauer in Rom zwischen Klassizismus und Romantik, Köln 2000
Richard Messerer, Briefwechsel zwischen Ludwig I. von Bayern und Georg von Dillis 1807-1841 (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte Bd. 65), München 1966
Simone Steger, Die Bildnisbüsten der Walhalla bei Donaustauf. Von der Konzeption durch Ludwig I. von Bayern zur Ausführung (1807-1842), Diss. München 2011

 

 

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