Stiche zur Vita des Hl. Norbert von Johann Baptist Klauber 1779
50 Jahre später, um 1779, entstand wiederum in Augsburg, ein Kupferstich-Zyklus „Vita S. Norberti“ aus der Hand von Johann Baptist Klauber. Diesen Zyklus zeigt uns nun das Klostermuseum Roggenburg in einer kleinen Sonderausstellung. Es handelt sich, das Titelblatt mitgerechnet, um 20 Bilder aus dem „Leben des hl. Norbert, des Gründers der Prämonstratenser“, die im Original und in Vergrößerung präsentiert werden. Die Vita S. Norberti musste nicht neu erfunden werden. Die Bilder verhehlen nicht die Verwandtschaft mit den Stichen von Galle und Pfeffel, die sich ihrerseits auf die schriftliche mittelalterliche Vita Norberti und die fromme Ordensüberlieferung beziehen, doch haben die Darstellungen durchwegs eine gründliche Überarbeitung erfahren. Die Bilder zeigen eine neue künstlerische Qualität, welche das ganze Werk aus der bisherigen Tradition heraushebt. Klaubers Stiche stellen eine Spätstufe in den Grafik-Zyklen dar. Sie sind unglaublich fein und genau ausgearbeitet und erinnern stark an Rokoko-Gemälde. Vielleicht waren tatsächlich bekannte Maler an den Bildern beteiligt, obwohl dies bisher nicht nachgewiesen werden kann. Eine solche Mitarbeit ist z.B. an dem Klauber-Stich über die Reliquienschätze des Klosters Roggenburg bezeugt, die hier im Museum gezeigt wird. Es heißt dort am unteren Bildrand ausdrücklich: „M(artin) Kuen del. 1758“. Er lieferte also wohl den Entwurf für diesen Stich aus der Klauber-Werkstatt.
Das bewährte Programm von Galle und Pfeffel wurde im Klauber-Zyklus beibehalten. Am oberen Bildrand steht diesmal aber kein Bibelzitat, sondern eine thematische Angabe als Überschrift. Unter der bildlichen Darstellung befindet sich ein Vierzeiler, der das Bild in wenigen Worten treffsicher beschreibt und deutet.
Bei Klauber haben wir nun den Glücksfall, dass kein Geringerer als der bekannte P. Sebastian Sailer aus dem Prämonstratenser-Kloster Obermarchtal als Verfasser dieser Texte im Titelblatt dieser Kupferstich-Serie genannt wird. P. Sebastian Sailer wurde im Jahre 1714 in Weißenhorn geboren, er trat bereits als Schüler ins oberschwäbische Prämonstratenser-Reichsstift Obermarchtal ein. Heute ist er vor allem als „Vater der schwäbischen Mundartdichtung“ bekannt. Bis heute wird immer wieder sein Hauptwerk „Die schwäbische Schöpfung“ aufgeführt. Zu seiner Zeit war er ein bekannter Prediger und Schriftsteller. Er verfasste mehrere erbauliche Bücher, zumeist in lateinischer Sprache. So sind auch die Texte im Klauber-Zyklus über den hl. Norbert alle lateinisch verfasst. Umso mehr darf es uns freuen, dass wir in Prof. Ulrich Leinsle einen hervorragenden Übersetzer gefunden haben, der diese schwierigen Texte geradezu kongenial ins Deutsche übertragen hat. So werden sie für uns leichter verständlich und verlieren nicht ihre ursprüngliche Originalität und Frische.
Wir können heute leider nicht alle Fragen über den Klauber-Zyklus der Vita S. Norberti beantworten. Sicher war sie eine Auftragsarbeit, aber wer war der Auftraggeber? Auf Grund der ausdrücklichen Nennung von P. Sebastian Sailer als „C.M.“ , das heißt wohl „Canonicus Marchtalensis“, liegt die Vermutung nahe, dass das Prämonstratenser-Stift Obermarchtal in Oberschwaben der Auftraggeber war. Es gibt übrigens ganz ähnliche Darstellungen des hl. Norbert aus der Klauber Werkstatt, die im Hintergrund das Kloster Rot oder die Wallfahrtskirche Maria Steinbach zeigen. In solchen Fällen ist der Auftraggeber leichter auszumachen.
Zur Werkstatt der Gebrüder Joseph und Johann Sebastian Klauber ist abschließend noch zu sagen, dass sie als erfolgreiche Kupferstecher und Kunstverleger in Augsburg tätig waren. Sie befassten sich intensiv mit der Herstellung von Heiligenbildern, und dies in großer Anzahl, ja fast schon fabrikmäßig. Sie gründeten im Jahre 1737 zusammen mit Gottfried Bernhard Göz einen damals bedeutenden „katholischen Bilderverlag“, den Göz ab 1742 weiterführte, doch wurde der berühmte Name „Gebrüder Klauber“ noch bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts werbekräftig weitergeführt. Die Urheberschaft und die gegenseitige Abhängigkeit von manchmal fast identischen Bildern sind bei den wechselnden Namen darum oft schwer nachzuweisen. Die Augsburger Kupferstecher waren tüchtige Geschäftsleute, die Gebrüder Klauber versäumten es nicht, ihren Verlag im überwiegend evangelisch geprägten Augsburg für ihre katholische Kundschaft ausdrücklich als „katholisch“ zu bezeichnen.
2021-07-09
Sources and Links ...
- Renate Stahlheber: Die Ikonographie Norberts von Xanten. Themen und Bildwerke, in: Kaspar Elm (Hrsg.): Norbert von Xanten. Adeliger. Ordensstifter. Kirchenfürst, Köln 1984, S. 217 -245.
- Renate Stahlheber: Der Norbert-Zyklus im Weissenauer Traditionskodex, in: Helmut Binder (Hrsg.): 850 Jahre Prämonstratenserabtei Weißenau 1145-1995, Sigmaringen 1995, S. 331-374.
- Renate Stahlheber: Die 13 Weißenauer Tafelbilder zur Vita Norberti. Geschichtliche und ikonographische Marginalien zu Entstehung und Verbreitung eines barocken Heiligenzyklus, ebd., S. 375-406.
- Rainer Rommens: Die Gestalt des hl. Norbert und seine Bedeutung für den Prämonstratenserorden, in: Hermann Josef Kugler (Hrsg.): Gemeinsam auf dem Weg zu Gott, Freiburg i. Br. 2010, S. 73-88.