Impulse und Erfolgsgeschichten

Speisekarte des Deutschen Damenautomobilclubs e. V.

Die Obsession der 1920er Jahre mit Sport und Mobilität erfasste Männer wie Frauen und führte auch bei Letzteren zu aus damaliger gesellschaftlicher Sicht ‚unweiblichen‘ Aktivitäten – wie Autofahren. Die ‚Frau am Steuer‘ wurde von konservativen Kreisen harsch verurteilt, zugleich galt sie jedoch als Verkörperung der zeitgemäßen Gesellschaft, die der Frau eine gewisse Selbstständigkeit zugestand.
Die kaufkräftige, moderne Frau wurde von der Autoindustrie durchaus gezielt angesprochen, indem diese „Damenwagen“ anpries. So ganz konnte sie ihren Geschlechterstereotypen allerdings nicht entkommen, wenn in Werbeanzeigen der Fokus meist auf der Optik des Autos lag, das als modisches Accessoire präsentiert wurde.

Diesem Image widerspricht der Deutsche Damenautomobilclub (DDAC), der im Juni 1926 in Berlin gegründet wurde und nicht nur modisches Interesse am Auto (und dem dazu passenden Outfit) hatte – ausdrückliches Ziel der technisch versierten Mitglieder war die Teilnahme an Rallyes. Da eine der Gründerinnen des DDAC die in Hannover lebende Rennfahrerin Liliane Roehrs (1900-1975) war, wurde bereits einen Monat später unter ihrer Leitung die Hannoversche Ortsgruppe ins Leben gerufen. Auch die bekannte Fliegerin Elly Beinhorn (1907-2007) war Mitglied des Clubs. Nach 1933 versuchte Roehrs, eine Kerngruppe in Hannover auch gegen die Interessen der Diktatur zusammenzuhalten. Nach dem Krieg gründete sich der Club neu, und bei der ersten Mitgliederversammlung 1949 in Hannover wurde neben Liliane Roehrs auch Martha Beindorff (1903-2007) ins Präsidium gewählt.

Die Speisekarte mit einem Design von Paul Neumann aus dem Jahr 1927 wirft einen humorvollen Blick auf das Selbstverständnis der Clubmitglieder als selbstbewusste, unabhängige, allerdings keineswegs ihre Weiblichkeit verleugnende Frauen. Während die Mitglieder des DDAC nicht zwingend als frühe Feministinnen zu betrachten sind, lag ihnen das Ziel eines Wahrnehmungswechsels nicht gänzlich fern. So sagte die Schriftführerin des Vereins, Erna Richter, über Autofahrerinnen: „Was sind sie für prachtvolle, in sich selbstsichere, zielbewusste, lebensfrohe Frauen, wie sachlich können sie denken – eine Eigenschaft, die uns Frauen zumeist leider abgesprochen wird […]. Wer seinen Wagen beherrscht, beherrscht auch jede Situation.“
[EH]

(Object from: Historisches Museum Hannover Original entry)

Material /Technique ...

Papier

Measurements ...

Höhe: 19,5 cm, Breite: 13 cm

Was used ...

... When:1927

... Where:Hanover 

Printed ...

... When:1927

... Where:Hanover 

Literature ...

  • Kessemeier, Gesa (2000): Sportlich, sachlich, männlich. Das Bild der >Neuen Frau. Dortmund
  • Schröder, Christiane/Sonneck, Monika (Hg.) (1994): Außer Haus. Frauengeschichte in Hannover. Hannover