Das Vermählungsalbum aus dem Jahre 1823
Zeichnungen deutscher Künstler in Italien für das preußische Kronprinzenpaar
Das 200. Jubiläum der Entstehung dieses wertvollen Konvoluts graphischer Arbeiten im Bestand der SPSG Berlin-Brandenburg soll Anlass sein, dieses Werk erneut - diesmal in zeitgemäßer digitaler Form - zu publizieren.
Das sogenannte Vermählungsalbum wurde 1823 anlässlich der Hochzeit des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelms (1795-1861, ab 1840 König Friedrich Wilhelm IV.) und der bayerischen Prinzessin Elisabeth (1801-1873) zusammengestellt. Es vereinigte 41 Aquarelle, Zeichnungen, Ölskizzen und Druckgraphiken von Künstlern aus den beiden Herkunftsländern der Brautleute: Bayern und Preußen. Die einzelnen Werke sind so verschiedenartig wie deren Schöpfer einzigartig sind. Sie unterscheiden sich nicht nur in Motivwahl und Ausführungstechnik, sondern auch in ihrer malerischen Qualität. Die im Album vertretenen Themenfelder sind breit gefächert und vermitteln eindrucksvoll das Spektrum des römisch-deutschen Kunstschaffens gegen Ende der Blütezeit nazarenischer Kunst. Das Behältnis, in dem die Kunstwerke ursprünglich überreicht wurden, blieb nicht erhalten. Einer zeitgenössischen Mitteilung zufolge soll es sich um eine mit silbernen Reliefplatten verzierte Kassette gehandelt haben.
Als Initiator dieser Hochzeitsgabe gilt Jacob Salomon Bartholdy (1779-1825). Er war seit 1815 preußischer Generalkonsul in Rom und pflegte intensive Kontakte zu den dort überwiegend temporär zur Aus- und Weiterbildung weilenden Künstlern. Alle bayerischen und preußischen Maler, Zeichner und Bildhauer, die sich Ende 1823 in Italien aufhielten, bat Bartholdy, sich an der Realisierung seiner Album-Idee zu beteiligen.
Da der preußische Kronprinz als künstlerisch äußerst interessiert galt, waren die Erwartungen an ihn als künftigen Auftraggeber und Mäzen vor allem bei seinen beteiligten Landsleuten entsprechend hoch.
Zu den damals in Rom lebenden Künstlern gehörten u. a. die Brüder Philipp und Johannes Veit, Carl Joseph Begas, Heinrich Maria von Hess, August Remy, Johann Christian Reinhart, Johann Martin von Wagner, Franz Ludwig Catel oder der Bildhauer Emil Wolff. Das Widmungsblatt gestaltete der Architekt Leo von Klenze. Die darauf wiedergegebenen Verse dichtete der bayerische Kronprinz Ludwig (1786-1868, als Ludwig I. 1825-1848 König von Bayern), ein Halbbruder der Braut, und fügte diese auch eigenhändig in das Bild ein.
Von Wilhelm Hensel, dem Verlobten von Bartholdys Nichte Fanny Mendelssohn, stammt das Hauptblatt des Konvoluts mit einer Darstellung der Hochzeit zu Kana. Sein Beitrag war der aufwändigste von allen, da seine Komposition es vorsah, alle an diesem Gemeinschaftswerk beteiligten Künstler darauf zu porträtieren. Zudem verzögerte sich seine Abgabe, da er die Zeichnung zweimal ausführen musste. Verschüttetes Lampenöl hatte die erste Fassung unbrauchbar gemacht. Aus diesem Grunde erreichte das Vermählungsgeschenk seine Adressaten in Berlin erst Mitte Januar 1824. Im Herbst desselben Jahres war es auf der Berliner Akademie-Ausstellung zu sehen.
Innerhalb des Konvolutes sind zwei Verluste zu beklagen: Blatt 28 von Ferdinand Ruscheweyh (1785-1846) und Blatt 30 von Franz Ludwig Catel (1778-1856) gelten als verschollen. Ruscheweyh hatte sich mit einem Kupferstich beteiligt, der nach einer Zeichnung von Carl Joseph Begas entstanden war und die Statue des Segnenden Christus von Bertel Thorvaldsen zeigte. Bei Catels Beitrag handelte es sich um die Darstellung eines jungen Paares in einem Boot auf einem Alpensee. Während sich der Kupferstich als Beigabe zum Kunst-Blatt, der Beilage zum Morgenblatt für gebildete Stände, erwiesen hat, ist Catels Blatt lediglich durch eine Fotografie überliefert.
Die 1972 erst wiedererkannte und rekonstruierte Zusammengehörigkeit der 41 Blätter zum Vermählungsalbum wurde 1975 in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert. Dazu erschien ein von Gerd Bartoschek und Adelheid Schendel sorgfältig bearbeiteter Katalog, der anlässlich einer wiederholten Ausstellung im Jahr 2008 in einer überarbeiteten und ergänzten Auflage neu ediert wurde. Diese Publikation liegt der jetzigen digitalen Veröffentlichung zugrunde.
2023-12-13