Förderung der Wirtschaft, Wissenschaft und Künste
Der Dreißigjährige Krieg hatte verheerende Auswirkungen auf die kurbrandenburgischen Gebiete. So war es eine Herausforderung für den jungen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, sein Land durch eine intensive Förderung von Landwirtschaft, Wirtschaft, Wissenschaften und Kunst wiederaufzubauen. Vor allem seine engen Verbindungen zur wohlhabenden und fortschrittlichen Republik der Vereinigten Niederlande, die kulturell wie auch im Bereich von Handel und Wissenschaft eine Vorbildfunktion ausübte, beförderten seine diesbezüglichen Errungenschaften. Bereits in Jugendjahren hatte der Kurfürst die niederländische Republik kennengelernt, als er dort vier Jahre zu Studienzwecken verbrachte. Auch die Ehe mit der oranischen Prinzessin Louise Henriette trug zu diesen engen Beziehungen bei, ebenso wie die regionale Nähe der westlichsten kurbrandenburgischen Gebiete in Kleve am Rhein zur Republik. So förderte der Kurfürst durch die Ansiedlung niederländischer Kolonialisten in Brandenburg die Rekultivierung des verwüsteten Landes durch landwirtschaftliche Nutzbarmachung, Melioration, sowie Verbesserungen in Obst- und Gemüseanbau und in der Viehzucht. Auch der Aufbau der kurbrandenburgischen Schiffsflotte entstand unter dem Einfluss niederländischer Fachleute, ebenso wie der Ausbau der kurfürstlichen Residenzen durch niederländische Baumeister, Gartengestalter und Handwerker.
Kurfürst Friedrich Wilhelm förderte alle Bereiche der bildenden Künste. Renommierte niederländische Maler und Bildhauer wurden mit zahlreichen Aufträgen versehen und – insofern sie bereit waren in das rückständigere Brandenburg überzusiedeln – als Hofkünstler nach Berlin berufen. Das Handwerk erlebte in Kurbrandenburg einen Aufschwung, indem neue Manufakturen gegründet oder unterstützt wurden. Ein besonderes Augenmerk legte der Kurfürst auf die Wiederbelebung verschiedener Glashütten, um sich dann vor allem auf die beiden von ihm neu gegründeten Potsdamer Hütten zu konzentrieren. Das Fachpersonal wanderte aus anderen Fürstentümern und aus dem Ausland ein, besonders aus Böhmen und Schlesien, den Zentren der damaligen Glaskunst. Ausländische Konkurrenz wiederum sollte minimiert werden, indem die Einfuhr von Glas verboten wurde. Mit der Berufung des Alchemisten Johann Kunckel (1630–1703) im Jahr 1678 war der Startpunkt einer kurzen, aber lange nachwirkenden Blütezeit brandenburgischer Glaskunst gelegt. Kunckel entwickelte eine fehlerlos klare Glasmasse, das sogenannte Kristallglas, das dem in Kunstkammern so begehrten Bergkristall ähnlich war. Durch die umfassende Förderung des Kurfürsten konnte sich Kunckel wissenschaftlichen Experimenten widmen. So schenkte Friedrich Wilhelm seinem Glastechniker und Chemiker die Pfaueninsel zur Anlage eines Laboratoriums. Die Neuerfindung des Goldrubinglases sicherte Kunckel und seinem Auftraggeber Anerkennung weit über die Landesgrenzen hinaus.
Zur Förderung der Wissenschaft gründete Kurfürst Friedrich Wilhelm die Universität Duisburg und sorgte für die für die Wiederbelebung der Viadrina in Frankfurt/Oder. Sie sollten eine neue wissenschaftliche, politische und theologische Elite heranziehen. Nicht zuletzt hatte das hauptsächlich religiös motivierte Edikt von Potsdam 1685 zur Folge, dass zahlreiche hugenottische Flüchtlinge aus Frankreich einen starken Zuwachs an Wissen und handwerklichem „Know-How“ nach Brandenburg brachten. Vor allem auf dem Gebiet der Textilherstellung sorgte dieser Zuwachs für einen nachhaltigen Aufschwung, aber auch Maler wie Abraham und Gedeon Romandon kamen nach 1685 an den kurbrandenburgischen Hof. Noch heute finden sich in der Region zahlreiche Spuren der Hugenotten.
2020-04-15