Brandenburger Fotografinnen und Fotografen

Frauen hinter der Kamera - Ein Kapitel ohne Bild

  

Die Fotografin Marie Goslich (1859-1938) ist eine der wichtigsten brandenburgischen Vertreter*innen des klassischen Fotohandwerks und des frühen Fotojournalismus. Bekannt geworden ist sie vor allem durch ihre sozialkritischen Bilder, die unter den Werken der brandenburgischen Berufskolleg*innen ihrer Zeit Vergleichbares suchen. Leider sind Bilder von Marie Goslich noch nicht in unserem Themenportal zu sehen, da sich ihr fotografischer Nachlass in Privatbesitz befindet.

Aber wie sieht es ansonsten mit Nachlässen von Fotografinnen in brandenburgischen Museen aus? Spiegelt die Tatsache, dass wir bisher kein Bild einer Frau mit Kamera gefunden haben, die damalige Realität wider? Die im Portal aufgeführten Biografien der Fotografen zeigen bereits indirekt, dass es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Brandenburg durchaus Frauen gab, die als Fotografinnen tätig waren. Es finden sich Hinweise auf weibliche Lehrlinge (Eichgrün), oder auf Töchter, die das Geschäft des Vaters übernahmen (Donnerhack, Unger). Nach den Ergebnissen einer Berufszählung kamen im Jahr 1907 "auf 6213 männliche Eigentümer und Leiter photographischer Anstalten 345 Betriebsinhaberinnen" und "auf 7340 männliche 1318 weibliche Gehilfen und Lehrlinge.“ (1)

Der auf den ersten Blick gering erscheinende Frauenanteil im Fotograf*innenhandwerk war im Vergleich zu anderen kulturtechnischen Gebieten, sei es im handwerklichen oder im künstlerischen Bereich, von Anfang an etwas höher. Um die Jahrhundertwende, als der harte Kampf für Frauenrechte das weibliche Bewusstsein schärfte, bot das junge, noch nicht von einem männlichen Kanon geprägte Medium Fotografie Frauen Ausdrucksmöglichkeit und berufliche Unabhängigkeit. Der "Lette-Verein zur Förderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts" in Berlin eröffnete 1890 eine "Photografische Lehranstalt", in der Frauen zu technischen Assistentinnen für bildgebende Verfahren ausgebildet wurden. Die erste Männerklasse für die Fotografenausbildung wurde im Jahr 1910 von einer Frau, Carola Lohde, geleitet.

In dieses Themenportal haben zum Zeitpunkt der Veröffentlichung zwei Fotografinnen Einzug gefunden. Beide, Edith Grametke (1908-1991) und Ursula Raschke (1919-1996), entziehen sich der gern genutzten Kategorisierung des „weiblichen Blicks“. Ihre Fotografien unterscheiden sich nicht von denen ihrer männlichen Kollegen. Überhaupt, so scheint es, haben sich Fotografinnen eher im Hintergrund gehalten. Ob eine selbst verordnete oder gesellschaftlich auferlegte Bescheidenheit der Grund hierfür ist, muss vorerst offen bleiben. Fakt ist: Nachlässe von Fotografinnen sind in brandenburgischen Museen vergleichsweise selten zu finden - aber es gibt sie! Wir hoffen, in Zukunft noch weitere Vertreterinnen des für die brandenburgische Geschichte so bedeutenden Mediums Fotografie in diesem Themenportal vorstellen zu können. 

 

(1) aus: „Frauenberuf und -Erwerb. Beilage zum Centralblatt des Bundes deutscher Frauenvereine“ Nr. 2 Oktober 1910, Berlin. Gefunden in: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/themen/erwerbstaetigkeit-von-frauen-im-kaiserreich-und-der-weimarer-republik  (Die Statistik bezieht sich auf alle Großstädte des Deutschen Reichs (1907)).

 

 

2019-01-21