Handwerk in Brandenburg

Hutmacherfamilie Wilke - Wohltäter und Stifter

Aufgrund der wirtschaftlichen Erfolge seines Hutunternehmens und auch durch sein großes soziales Engagement innerhalb seiner Firma, aber auch innerhalb der Stadt Guben, war Friedrich Wilke ein geachteter Bürger. Die soziale Absicherung und Bildung seiner Arbeiterschaft war dem Firmenchef wichtig. Davon zeugen zahlreiche Wohlfahrtseinrichtungen, die der tiefgläubige Lutheraner Friedrich Wilke in seinem Hutunternehmen für seine Mitarbeiter einführte. Hierbei gründete der Hutfabrikant mehrere soziale Einrichtungen, die seiner Zeit bereits weit voraus waren. Dazu gehörten:

● eine Unterstützungskasse, die unverschuldet in Not geratene Menschen unterstützte

● seit 1875 eine Betriebskrankenkasse (die er bereits acht Jahre vor dem Erlass des Krankenversicherungsgesetzes durch die Sozialgesetzgebung Otto von Bismarcks gründete)

● seit 1878 eine freiwillige Betriebssparkasse mit einer guten Verzinsung als Sparanreiz für seine Arbeiter

● seit 1884 eine Invalidenkasse für Betriebsangehörige

● 1898 kam eine Betriebsbibliothek mit über 1000 Büchern hinzu

Weiterhin gab es eine Bibel und 9 Mark zur Hochzeit vom Firmenchef geschenkt, wenn Mitarbeiter/innen der Hutfabrik in den Bund der Ehe eintraten. Außerdem standen den Mitarbeitern der Hutfabrik C. G. Wilke ein großer Speisesaal zur Benutzung während der Mittagspause, ein Kaffee- und Bierausschank, eine Seltersanlage sowie Badeanlagen zur Verfügung. Und nicht zu vergessen die noch nicht überall übliche Verkürzung des Arbeitstages von 11 auf 10 Stunden. Aber auch der kulturelle Bereich gehörte zu seinen Interessen. So förderte der Firmenchef einen Arbeiter-Gesangsverein und ein eigenes Fabrikorchester sorgte bei vielerlei Veranstaltungen für Musik und Stimmung.

Die Stadt Guben wurde durch Friedrich Wilke ebenfalls auf vielfältige Weise unterstützt. So beteiligte er sich beispielsweise bei der Finanzierung des Bismarckturms in den Gubener Bergen und des Gubener Stadttheaters auf der Neißeinsel. Weiterhin unterstützte der Unternehmer finanziell den Gubener Ruderclub 1905.

Sein guter Ruf eilte Friedrich Wilke auch über seine Heimatstadt hinaus voraus. So ernannte der preußische König und deutsche Kaiser Wilhelm I. den Gubener Hutunternehmer 1879 zum Kommerzienrat und 1886 schließlich zum Geheimen Kommerzienrat.(Kommerzienrat war bis 1919 ein ehrender Titel, der an bedeutende Persönlichkeiten in Industrie und Handel verliehen wurde).

War das Unternehmer Wilke von stetigem Erfolg und Wachstum gekennzeichnet, so hatte der Privatmensch Friedrich Wilke einige Schicksalsschläge zu bewältigen. Friedrich Wilke und seine Frau Sophie (die schon 1897 verstarb) hatten drei Kinder: Sophie Naëmi, Max und Karl Emil Friedrich, von denen jedoch nur der älteste Sohn Max das Erwachsenenalter erreichte. Jeder persönliche Schicksalsschlag veranlasste den Hutfabrikanten Friedrich Wilke zur Gründung einer Stiftung:

● 1878 stiftete er in Erinnerung an seine verstorbene Tochter Naëmi ein Kinderhospital das – Naëmi-Wilke-Stift -, in dem erkrankte Kinder seiner Fabrikarbeiter Pflege fanden (1888 wurde das Wilke-Stift dann ein allgemeines Krankenhaus und eine lutherische Diakonissenanstalt.)

● 1898 gründete er in Erinnerung an seine verstorbene Ehefrau die – Sophie-Wilke-Stiftung -, eine Stiftung für Pfarrwitwen und Waisen der altlutherischen Kirche (die Gewinnausschüttung der Zinsen aus einem Kapital von 30.000 Mark erfolgt jährlich am 14.12. – dem Hochzeitstag von Sophie und Friedrich Wilke)

● 1903 stiftete er in Gedenken an seinen verstorbenen Sohn Karl Emil Friedrich seiner evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde den Neubau einer Jugendstilkirche die – Kirche des Guten Hirten – (die manchmal nach ihrem Stifter auch „Wilkekirche“ genannt wird), die in unmittelbarer Nähe zur Wilkeschen Hutfabrik in der Berliner Straße / Ecke Straupitzstraße erbaut wurde

 

2016-12-27

Related Objects ...

Beglaubigte Urkunde der Königl. Preuss. Regierung in Frankfurt/O. von 1878 mit der Erlaubnis für Friedrich Wilke zur Errichtung einer Kinderkrankenanstalt in Guben

Statut des Kinderkrankenhauses zu Guben; verfasst vom Stifter Friedrich Wilke 1878.

Abschrift in Druckbuchstaben der beglaubigten Urkunde der Königl. Preuss. Regierung in Frankfurt/O. von 1878 mit der Erlaubnis für Friedrich Wilke zur Errichtung einer Kinderkranken-Anstalt...

Firmenfestschrift/Denkschrift: "Carl Gottlob Wilke und die Wilkesche Hutfabrik in Guben", verfasst von Johannes Trojan im Jahr 1900 im Auftrage der Firma C. G. Wilke anlässlich des...

Nachruf auf Friedrich Wilke im Kirchen-Blatt für die Evangelisch-lutherischen Gemeinden in Preußen

Historische Ansichtspostkarte von Guben, Blick auf die Villa Wilke

Zerstörte Villa Wilke in Guben, 1945 Die letzten acht Kriegswochen im Februar und März 1945, in denen Guben Frontgebiet war, brachten der einstigen blühenden und traditionsreichen Gubener...

Zum Kriegsende 1945, waren das Betriebsgelände und die Produktionsstätten der Firma C. G. Wilke, zu ca. 45 % zerstört bzw. schwer beschädigt. Dazu gehörten das Mittelgebäude, ein...