Aufklärung in Sachsen-Anhalt

Von gelehrten Zirkeln, literarischen Kreisen und volkstümlichen Festen

Zu den Auffälligkeiten des Jahrhunderts der Aufklärung gehörte eine blühende Freundschafts- und Geselligkeitskultur.

Die Aufklärung schuf ganz neue Formen von Geselligkeit und wird deshalb oft auch als das „gesellige Jahrhundert“ bezeichnet. Aufklärung in Deutschland ist ohne Kaffeehäuser, Tabakskollegien, Lesegesellschaften, ohne gemeinschaftlich diskutierte moralische Wochenschriften und literarische Zeitschriften, ohne das Lesen in Zirkeln, ohne Freundschaftsbünde und Gelehrtensozietäten nicht denkbar. Bevor sich im ausgehenden 18. Jahrhundert eine politische Öffentlichkeit entwickelte, gab es bereits eine literarische, in der der „öffentliche Gebrauch der Vernunft“ (Immanuel Kant) von aufgeklärtem Adel und Bürgertum praktiziert wurde.

Für den wissenschaftlichen Austausch unter Gelehrten war Halle als Zentrum der frühen Aufklärung mit Christian Wolff (1679–1754), Christian Thomasius (1655–1728) und den ‚vernünftigen Ärzten’, Philosophen und Theologen ein Ort geselliger Gruppenbildung. Von der ersten Halleschen Dichterschule und der ihr folgenden zweiten Gruppe dichtender Freunde in der Universitätsstadt mit Johann Peter Uz (1720–1796), Johann Nikolaus Götz (1721–1781) und Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719–1803) gingen wichtige Impulse für die deutsche Literaturentwicklung aus. In pietistischen Kreisen in Halle, Wernigerode und anderswo kam dagegen der gemeinsamen Bibellektüre eine große Bedeutung zu. Mit den religiösen Erbauungsstunden entwickelten sie zudem eigene Formen der Geselligkeit.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts fanden sich in Magdeburg in der Mittwochsgesellschaft, in der Literarischen Gesellschaft in Halberstadt und im Freundeskreis um Gleim, aber auch in den Zirkeln in Haldensleben, Weißenfels und andernorts Menschen zusammen. Auch die gesellige Musikkultur ist vielfältig überliefert. Zahlreiche Werke von Gottfried August Bürger (1747–1794), Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) und anderen Dichtern sind in geselligen Zusammenhängen entstanden. Die Briefkultur des 18. Jahrhunderts war in bis dahin nicht gekannter Weise vom Gesprächscharakter und der Geselligkeit geprägt. Der Genuss bildender Kunst wurde in neuer Weise zum kommunikativen Ereignis.

Schlösser und Höfe wie beispielsweise in Dessau, Oranienbaum, Zerbst, Ballenstedt und Wernigerode wurden zu Orten repräsentativer, aber auch kommunikativer Geselligkeit und Öffentlichkeit. Beispielhaft für den Gestaltungsraum, den Frauen in der Geselligkeitskultur ihrer Zeit hatten, sind die Äbtissinnen in Quedlinburg oder Agnes Wilhelmine Niemeyer (1769–1847) in Halle. Doch nicht nur in aufgeklärten Kreisen waren gesellige Zusammenkünfte von großer Bedeutung. Ebenso für die übrigen Bevölkerungsschichten und auf dem Land bildeten Feste und Feiern prägende Ereignisse.

 

2018-11-15

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