Privatperspektive

Feldpostbrief von Emil Gremler an seinen Vater Udo Gremler vom 2. Mai 1915

Beiges Papier beidseitig mit Bleistift im Hochformat beschrieben. Text: Vorderseite: "Birnbaum d. 2. Mai 1915 // Geliebte Eltern! // Endlich komme dazu Euch etwas zu schreiben, allein die Zeit ist jetzt so // knapp, daß man dazu fast nicht mehr kommt. Immer Märsche Tag und Nacht. Ihr // könnt Euch dann wohl denken, wenn man dann zurück kommt und es sind ca. 40 km // mit vollgepackten Affen Zeltbahn und Überzieher darüber geschnallt Patronentaschen Spaten // Brotbeutel u. Gewehr, daß da die wirkliche freie Zeit zum Schlafen benutzt wird. // Scharfgeschossen haben wir schon 3 x am Dienstag wieder. Schützengraben ist von // unserer 3. Kompanie auch schon fertiggemacht worden, ebenso abgekocht. Am Sonnabend // war "Gefecht" zwischen Birnbau u. Schwerin also Batailon gegen Batailon war // sehr interesant. Den letzten Brief mit besten Dank erhalten. Wie ist die Sache // mit Kurt. Bleibt er dort? Möchte denselben noch gern vor meinen Abrücken // sehen, die 1 und 2. Kompanie rückt Dienstag aus und sind dann wir die nächsten. // Habe gehört vielleicht am 10. d. Mts. schon, doch sprecht davon zu anderen // Leuten kein Wort. Es ist die 8. Woche die wir jetzt ausgebildet, sind wir kolosall // schnell also, laßt Kurt bitte zum Sonntag kommen. Es ist ja auch möglich, // daß wir das ¼ Jahr voll machen, aber vor = ist besser als Nachsicht. Wache // habe auch schon - um den Soldatenausdruck zu gebrauchen - geschoben. // Also 24 Std. Habe bei der Küche II wo mein Essen bekommen gestanden, und // zwar von Mittags von 1 - 3, dann 7 - 9 abends, 1 - 3 nachts u. 7-9 morgens wieder. // Wache ist schön aber auch nicht schön kommt ganz darauf an wo man // steht. Ich für mein Teil hatte Glück. Liebe Eltern sendet mir doch bitte Wäsche // 2 Hemden u. vor allen Dingen Strümpfe u. nochmals Strümpfe. Wenn irgend // möglich sendet mir doch etwas Geld komme mit den 33 g [Groschen] pro Tag nicht aus. // Putze auch nicht mehr bei den Offizierstellvertreter da selbiger einer an- // deren Kompanie zugeteilt ist u. ich auch nicht zur rechten Zeit da sein // kann, denn wie schon mitgeteilt hat die 3. Kompanie, also meine, // Tag als auch Nachtmärsche. Wollte gern das Amt behalten, doch meinte // er, es tut ihm sehr leid, aber ich müßte doch auch an meine Zeit denken, // was letzten auch stimmt. Die Märsche sind anstrengend, denn es wird // nicht immer Chaussee, sondern auch Feld- oder Sandweg entlang gegangen. // Inliegend sende das Bild. Sollte der Berliner kommen Euch besuchen grüßt // Ihn bitte von mir, auch wünsche denselben von Herzen gute Besserung. Grüßt // auch Ingoleit den kleinen Elsässer. Was macht denn der kleine Schollen? // Das Herz dreht sich bei dem Gedanken an Euch meine Lieben? Man // darf ja nicht daran denken. Der Dienst verscheucht ja manchen // Gedanken was ja in einer Art gut ist. Gebe der liebe Gott daß dieser // Krieg bald zu Ende ist denn ich für meinen Teil halte das Morden // für große Sünde möge mir der liebe Gott verzeihen wenn einer // meiner"
Rückseite mit Fortsetzung des Textes: "Kugel eine Feind treffen sollte. Doch liebe Eltern Ihr wißt ja // auch wieder, daß ich nicht feige bin u. wohl auch feste mit drauf gehe. // Also noch 1 x verzeiht mir wenn ich so lange nicht geschrieben. Vater // hat recht wenn Er schreibt Ihr seid alt u. sehe ich es auch ein, daß Ihr // meinetwegen Euch Gedanken gemacht habt, doch bin gesund und // möchte es auch bleiben trotzdem es mir mitunter recht recht // sauer wird. Doch nicht klagen. Wie der große Humbolt sagt: Man darf // an das Leben nicht soviel Anforderungen stellen, denn daran liegt // es, daß der Mensch nie zufrieden wird. Also noch 1x wenn Ihr, ich // schreibe wenn Ihr könnt, schickt mir die angeforderten Sachen // auch Zigarren u. wenn es geht etwas Geld. Nun liebe Eltern // viele viele Grüße. Euer nie vergessender - // wenn er auch selten schreiben kann - // Sohn Emil. // N. B. Sendet bitte die Sachen sobald als möglich das Geld recht bald, aber nur // wenn Ihr es könnt. Bitte alle Ver- und Bekannte zu Grüßen. Wohnt // Herr Stücker noch bei Euch dann bitte denselben ebenfalls zu grüßen. // D. [...].".
Papier dreifach gefalten.

(Object from: Museum Wolmirstedt Original entry)

Material /Technique ...

Papier, Tinte, Klebstoff / Handschrift, Stempelabdruck

Measurements ...

L: 33 cm x B: 20,9 cm

Was depicted (Actor) ...

... Who:

Was used ...

... When:1915

... Where:German Reich 

Written ...

... Who:

... When:May 2, 1915

... Where:Międzychód 

Received ...

... Who:

... When:May 1915

... Where:Brandenburg an der Havel 

Received ...

... Who:

... When:May 1915

... Where:Brandenburg an der Havel