Privatperspektive

Feldpostbrief von Emil Gremler an seinen Vater Udo Gremler vom 24. Mai 1915

Vierseitiger, handschriftlicher Brief auf einem Papier im A6-Format, liniertes Papier.
Text: Birnbaum a./d. Warthe d. 24.5.15 // Meine Lieben! //
Euern Brief mit vielen Dank erhalten. Sollte Kurt // eingezogen werden, so reklamirt sofort, denn verhungern // könnt Ihr liebe Eltern doch nicht. Ihr könnt Euch denken wie // in einer Stimmung ich mich jetzt befinde, machen jedenfalls // am 28. d. Ms. von hier fort ist zwar noch unbestimmt, doch sollen // wir uns gefaßt machen. Es ist nicht schön, Pfingsten, noch dazu // so ein herzliches nicht mit Euch meinen Lieben in Jastrow // verleben zu können. Ja es geht einem jetzt viel im Kopfe // herum noch zu mal wir doch alle zusammen vereint // sein könnten. Doch füge ich mich, wie es der liebe Gott // will, so trifft es ein. Italien, welches den Treubruch // hat aufkommen lassen muß noch gezüchtet werden im // Staube muß es vor uns liegen um uns um Gnade zu // bitten. Das wollte der liebe Gott. Doch noch eins. Sollten // wir hinaus kommen ich kenne keine Verzeihung immer feste // drauf briegen oder brechen. Es ist, sollte ich fallen zwar nicht // schön, so früh ins kühle Grab hinab fahren zu müssen, denn jetzt // wo man mit einem Bein u.[nd] mit dem anderen auf Leben // und Tod steht, da weiß man doch was Leben bedeutet. // Nun meine Lieben hoffentlich habt Ihr das herrliche schöne // Pfingsten auch ohne meinen Beisein gesund u.[nd] den lieben // Gott ergeben verlebt, und gefällt es Euch doch wohl in der // neuen Heimat. Der Umzug war wohl grad nicht schön // noch zu mal für Vater nicht u.[nd] hat wohl Mutter // Ihn des öftern den Kopf waschen müssen. Wie lange // seit Ihr denn gefahren u.[nd] ist der kl.[eine] Schollen noch // gesund? Habt Ihr den Dankbrief an Winters gelesen? // Habe mich doch sehr darüber gefreut, war doch was // zum Leben, hier ist alles teuer u.[nd] freue ich mich stets // bekomme ich ein solches Paket. Euer letztes Paket war nicht // 2 wie inständig an Winter geschrieben sondern 7 [doppelt unterstrichen] // Tg. [Tage] unterwegs. Euer M 10,- mit vielen herzlichen // dank erhalten. Habe, wie auf Depesche mitteilte kein // Malör gehabt, sondern hatte für übrig gehabtes // Geld Unterhosen u.[nd] 2 Hemden kaufen müssen, da Euer Paket zu spät eintraf. Wir hatten nämlich Wäsche- // appel. Alle zwei Tage muß ich reine Strümpfe anziehen // da dieselben durch kolossale Marschübungen // unbrauchbar und zerrissen sind. Jetzt habe noch Leib- // wäsche. Ihr könnt Euch denken wie das ins Geld // läuft. Wenn Ihr meine Lieben, aber nur wenn // Ihr könnt sendet mir doch bitte etwas Wurst // u.[nd] Zigarren. Zigarren auf den Märschen gehen viel // darauf ebenso Lebensmittel. Vater schrieb auf // letzten Brief: "Einliegend erhälst du eine Karte // von Kurt von einem Ausflug u.[nd] muß // die Gegend dort ja ganz reißend sein. Die //

Karte lag aber nicht [unterstrichen] darin, dann habe mich gewundert // daß die Gegend reißend [unterstrichen] ist. Na Scherzbriefe // habe es als reitzend gelesen. Von Krausen´s Altenplatte // mit Eurem letzten Brief zusammen folgende // Feldpost- // karte erhalten. Lieber Emil deinen Kartengruß // aus Birnbaum erhalten. Wirst nur bald fertig sein und ins // Feld rücken. Breuer befindet sich auf Russenjagd // in Liban und Hermann ist seit Mitte April ebenfalls // aus Frankreich nach Osten gekommen. Wir haben // in dieser Zeit also 6 Wochen noch kein Lebenszeichen // von ihm erhalten. Aus den Zeitungsberichten ersehen // wir, daß er in den Karpathenkämpfen beteiligt // ist. Wenn doch bald der glorreiche Friede erkämpft // wäre. Das Geschäft liegt ganz darnieder. Es sind // so viel Artikel vom Ausland nicht zu haben. Doch // wir werden uns müssen durchhalten. Wenn // du rauskommst gieb uns deine neue Adresse. // Mit den besten Grüßen // dein Onkel & Tante // H. Krause. //

Liebe Eltern! Habt Ihr denn die mir zustehende // Provision alle abgehoben? Den 1. Pfingstfeiertag // bis 11 Uhr abends Zapfenstreich heute den 2. bis 9 // Uhr abends. Gestern war um 10 Uhr abends zu Hause // aber vom Schlafen keine Spur eine solche Hitze, un[d] // es war nur gut, daß kein Marschtag war. // Sonst geht es mir den Umständen noch gut // habe mir aber tüchtiges Bein- u.[nd] Armreißen // weggeholt. Ihr liebe Eltern u.[nd] lieber Bruder seit // doch gesund und munter wünsche dieses von // Herzen. Grämt Euch nicht um mich, denn wir // wollen, so es der liebe Gott will, in der Heimat wiedersehn, Kurt wird sich doch u.[nd] auch Ihr // freuen, daß Er und Ihr Ihm habt, kurz zusammen // leben könnt. Wenn ich nicht viel schreibe, // liegt es daran, daß nicht viel Zeit übrig // habe die Gedanken sind stets aber bei Euch Ihr // Lieben. Um ½ 5 Uhr morgens aufstehen bis ½ 12 // Uhr mittag dann um ¾ 2 Uhr Dienst bis 7 // Uhr abends. Soeben Nachricht erhalten daß // 105 Mann 3[.] Festtag ausrücken, ob mit dabei // weiß noch nicht. Schreibe Euch bald 1 x Mit den // herzlichsten Grüßen Euer Euch stets liebender Sohn // u.[nd] Bruder Emil. //
An Onkel Lene [oder Leue] möchte noch schreiben, bitte um Anschrift.".

Der Briefumschlag fehlt.

(Object from: Museum Wolmirstedt Original entry)

Material /Technique ...

Papier, Bleistift / Handschrift

Measurements ...

L : 17,8 cm x B: 11,3 cm (Einzelseite)

Was used ...

... When:1915

... Where:German Reich 

Written ...

... Who:

... When:May 24, 1915

... Where:Międzychód 

Received ...

... Who:

... When:May 1915

... Where:Jastrowie 

Received ...

... Who:

... When:May 1915

... Where:Jastrowie 

Received ...

... Who:

... When:May 1915

... Where:Jastrowie