Marmorpalais

Neptungrotte bei Tivoli

Die Mätresse König Friedrich Wilhelms II., Wilhelmine Enke, Gräfin von Lichtenau, hatte auf ihrer Italienreise 1796, gemäß der Sitte der Zeit, die Ruinen der Antike sowie die Sehenswürdigkeiten der italienischen Landschaft besichtigt. Mit dem antiken Sibyllentempel und der Hadriansvilla war das östlich von Rom, in den Sabiner Bergen gelegene Tivoli ein beliebtes Ausflugsziel für die Bildungsreisenden des 18. Jahrhunderts. Noch während Ihrer Reise bestellte die Gräfin bei dem von ihr mit einem Stipendium geförderten Künstler Peter Gottlieb Müller (1766–1804) eine Ansicht der Kaskatellen in Tivoli (GK I 4544, seit 1945 Kriegsverlust) sowie als Gegenstück die hier besprochene Ansicht des Kessels von der Neptungrotte in Tivoli.

Müller stellt, wie zahlreiche andere Künstler auch, den Blick von der Sohle des Tales auf den Wasserfall des Aniene dar. Im Fokus seiner Landschaftsstudie steht die Darstellung der Urkraft des Wassers. Die Ruinen des Sibyllentempels sind auf den hohen Klippen des Kessels zu erkennen. Im Vordergrund bestaunen drei Touristen das Naturschauspiel, während im Hintergrund zwei Wanderer die steilen Klüfte zu erklimmen versuchen. Der etwas beleibte Mann, der mit ausgreifender Geste auf die tosenden Fluten hinweist, ist aufgrund seiner charakteristischen rundlichen Erscheinung unschwer als Friedrich Müller (1749–1825) zu erkennen, der – besser bekannt unter dem Beinamen „Maler Müller“ – seit 1778 in Rom lebte und ein geschätzter Reiseführer war. In seiner Begleitung ist wahrscheinlich die Gräfin von Lichtenau dargestellt, die sich vermutlich auf den Arm von Alois Hirt stützt, der die Gräfin auf ihrer Italienreise begleitete. Gerd Bartoschek zufolge wird diese Identifizierung durch eine heute verschollene Zeichnung Peter Gottlieb Müllers gestützt, der die Reisegruppe „bei einem Reitausflug in den römischen Bergen“ zeigte. Ein der Zeichnung beigegebener Schlüssel benennt alle 14 Dargestellten, unter denen auch Hirt und ein „paintre Müller“ sind. Letzterer könnte allerdings sowohl den „Maler Müller“ Friedrich Müller als auch Peter Gottlieb Müller selbst meinen.

Auf der Berliner Akademieausstellung wurde das Gemälde zwei Jahre nach seiner Entstehung noch als Besitz der Gräfin von Lichtenau präsentiert, bevor es dann 1799 durch König Friedrich Wilhelm III. gemeinsam mit dem Pendant erworben wurde.

Das Gemälde ist im Marmorpalais ausgestellt.

Franziska Ratajczak

(Object from: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Original entry)

Material /Technique ...

Öl auf Leinwand

Measurements ...

ohne Rahmen: Höhe: 120.00 cm Breite: 100.00 cm

Painted ...

... Who:

... When:1797

Literature ...

  • "Die Kunst hat nie ein Mensch allein besessen". 1696-1996, dreihundert Jahre Akademie der Künste, Hochschule der Künste, hrsg. v. Akademie der Künste Berlin / Hochschule der Künste Berlin, Ausstellung, Berlin, Akademie der Künste, 1996. Berlin, 1996, S. 132, Kat. Nr. II/63, Abb. S. 132
  • Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786-1850bearb. v. Helmut Börsch-Supan, 3 Bde., Berlin 1971 (Quellen und Schriften zur bildenden Kunst, 4), Bd. 1 (1798), Nr. 84
  • Friedrich Wilhelm II. und die Künste. Preußens Weg zum Klassizismus, Ausstellung, Potsdam, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, 1997. Potsdam 1997, S. 345 Kat. III.115
  • Kirschstein, JörgDas Potsdamer Stadtschloss. Vom Fürstensitz zum Landtagsschloss, Berlin 2014, S. 107, Abb. S. 107