"... und deutsches liest er nicht."

Brief von Gleim an Friedrich Heinrich Jacobi, 10. Dezember 1780

Gleim kam gegenüber seinen Schriftstellerkollegen in nicht geringe Verlegenheit, die Schrift seines Idols "De la Littérature Allemande" zu erklären. Beinahe unfreiwillig komisch rät er, die Inhalte nicht zu beachten, sondern stattdessen die Leichtigkeit des Stils zu bewundern und den guten Willen anzuerkennen. Friedrichs Unkenntnis der deutschen Gegenwartsliteratur sei seinen schlechten Ratgebern, Einflüsterungen von Franzosen, anzulasten, entschuldigte er den sonst gerade auch für seine Weisheit und geistige Souveränität verehrten Herrscher. Wie Gleim 1770 Wieland gegenüber argumentierte (#), so wird er auch gegenüber Johann Georg Jacobi, der in den frühen 1770er Jahren in Halberstadt ansässig war und in enger Verbindung mit Gleim stand, den König gerechtfertigt haben, wie er in dem vorliegenden Brief andeutet.
Gleim hielt Zeit seines Lebens an der Verehrung Friedrichs II. fest, gestand dessen Ignoranz gegenüber der deutschen Kultur aber doch eindeutig als einen Fehler, einen zwar großen, aber den einzigen.

H. den 10ten Dec 1780
Eiligst, mein Theurer, send ich Ihnen, unsers Landesvaters Autor-Werk de la litterature allemande - Sie sollen aber nicht spotten, nicht sagen, daß er über Etwas, von dem Er nichts weiß, geschrieben hat - sie sollen nur bewundern, den leichten natürlichen Ausdruck, manches vortrefliche Sentiment - - die Konigliche liebe zum Guten p -
Denn, daß er nichts weiß von unsern guten Deutschen, und glaubt, von Ihnen alles zu wißen, das, mein bester wird unser bruder Johann Georg mit dem ich zum öftern von unsers Landesvaters Liebe zum Franzos u. Haße zum Deutschen gesprochen habe, sehr leicht begreiflich machen, allen denen, die’s nicht begreifen könen und dem gelehrtesten der Könige zur Last legen, daß Er nicht die Kenntniß, die so leicht zu erwerben war, erworben hat - Nebst diesem konigl.ichen Werck empfängt mein theurer Bruder ein zweytes königl.iches Werck: Salomo der Prediger an den Fürsten von Deßau betitult, deßen Verfaßer Sie wohl nicht errathen werden, und ein drittes, (nur ein Wercklein) das Ihren Bruder Gleim zum Verfaßer hat - nicht aber dafür bekannt seyn will; aus Furcht man möchte wieder sagen: der Schmeichler guckt hervor! Ich hörte vor Jahr als ich den Printzen v. Pr.eußen aufwartete, daß er jetzt schon, 246 Gnaden gehalten zu bezahlen hätte - […]

Textgestalt nach Friedrich Heinrich Jacobi. Briefwechsel. Gesamtausgabe. Hg. v. Michael Brüggen und Siegfried Sudhof, Reihe 1, Bd. 2, Stuttgart 1983, S. 241

(Object from: GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung Original entry)

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Handschrift auf Papier

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... When:1780

... Where:Halberstadt 

Literature ...

  • Lacher, Reimar F. (2017): "Friedrich, unser Held" - Gleim und sein König. Göttingen
  • Michael Brüggen, Siegfried Sudhof (1983): Friedrich Heinrich Jacobi, Briefwechsel.. Stuttgart